# taz.de -- Islamistische Propaganda auf Twitter: Zwischen freier Rede und Extremismus
       
       > Extremisten nutzen erfolgreich soziale Netzwerke? Die BBC bestätigt in
       > einem Bericht über islamistische Aktivisten den Verdacht der britischen
       > Regierung.
       
 (IMG) Bild: Freie Rede oder virtuelle Zündelei? Eine Diskussion, die leicht in Sicherheitsfanatismus rutscht.
       
       Der BBC-Journalist Murad Batal al-Shishani verbrachte sechs Wochen damit,
       Dschihadisten und ihren Symphatisanten auf Twitter zu folgen. Das Resultat
       ist beunruhigend, aber keineswegs überraschend.
       
       „Dschihadisten und ihre Symphatisanten“, [1][schreibt der Brite] auf der
       BBC-Webseite, „haben eine begrenzte Präsenz auf Twitter, aber sie ist
       raffiniert und wächst tendenziell.“
       
       Al-Shishani verfolgte die Vorgänge auf 35 Twitter-Accounts deren Nutzer
       sich mit Dschihadisten-Bewegungen identizifieren. Darunter so illustre
       Figuren und Gruppen wie Shabakat Ansar al-Mujahideen (Partisanen des
       Mudschaheddin-Netzwerks), das al-Midad-Netzwerk, die in Jemen ansässigen
       Ansar al-Sharia (Partisanen der Scharia), aber auch die Taliban in
       Afghanistan und die Al-Shabab-Miliz in Somalien sind auf Twitter vertreten.
       
       ## Tausende Follower
       
       Es existieren auch sogenannte „inoffizielle“ Nutzerkonten von Personen wie
       Ayman al-Zawahiri, dem Leiter des Terrornetzwerks Al-Qaida, und Anwar
       Al-Awlaki, einem Al-Qaida zugerechneten Kleriker, der letztes Jahr in Yemen
       getötet wurde.
       
       Manche dieser Twitter-Konten haben Tausende von Followern. Die Extremisten
       konzentrieren sich dabei vor allem auf die Verbreitung von
       Dschihadisten-Reden, -Gedichten und -Hymnen, deren Veröffentlichung auf
       einschlägigen Webseiten auf Twitter angekündigt wird. Vielen Symphatisanten
       dienen die Web-Foren auch als Kommunikationsplattformen für den
       gegenseitigen Austausch.
       
       Mit anderen Worten: Die Mikro-Blogging-Webseite wird in Großbritannien von
       Extremisten als Progandainstrument genutzt. Möglich machen das die schier
       unübersichtliche Flut der Veröffentlichungen, aber auch die laxen
       Kontrollen von Twitter.
       
       ## Hohes Anschlagsrisiko
       
       Die britische Regierung schlussfolgerte im Rahmen des Präventivprogramms
       „Prevent“ letztes Jahr, dass soziale Medien und das Internet eine nicht
       unbedeutende Rolle bei der Radikalisierung von jungen Muslimen in
       Großbritannien spielten. „Prevent“ dient der Entwicklung einer
       Anti-Terror-Strategie, die Radikalisierung in UK im Keim ersticken soll.
       
       Das Risiko eines Terroranschlags wird von den britischen Behörden noch als
       „sehr hoch“ eingeschätzt. Besondere Gefahr soll dabei von anfälligen,
       jungen Muslimen ausgehen. In einem Bericht von „Prevent“ heißt es, dass
       soziale Medien und das Internet „das Ausmaß, in dem Terrororganisationen
       und ihre Symphatisanten Menschen in diesem Land radikalisieren können,
       transformiert haben.“
       
       Welchen unheilvollen Einfluss im Internet veröffentlichtes Material haben
       kann, verdeutlicht der Mordversuch an dem britischen Parlamentarier Stephen
       Timms während seiner Wahlkreis-Sprechstunde im englischen Beckton im Mai
       2010. Der Attentäter Roshonara Choudry soll durch Awakis Vorlesungen im
       Internet radikalisiert worden sein.
       
       ## Verteilung ideologischer Schriften
       
       Ein weiteres Beispiel für virtuelle Gehinwäsche ist das Ehepaar Mohammed
       und Shasta Khan, die Bombenanschläge gegen jüdische Ziele in Manchester
       geplant haben sollen. Bevorzugte Abendlektüre der Möchtegern-Attentäter
       waren extremistische Schriften im Netz, inbesondere „Inspire“, das
       englischsprachige Magazin produziert von Al-Qaida.
       
       Die Rolle von Twitter und Facebook im Hinblick auf die Verbreitung von
       extremistischen Schriften ist auch Gegenstand eines Berichts der
       Studentenorganisation Student Rights, die sich der Bekämpfung von
       Extremismus an britischen Universitäten verschrieben hat. Wie Rupert
       Sutton, Chef-Rechercheur bei Student Rights, in seinem Blog für die
       britischen Ausgabe der Huffington Post schreibt, wird Twitter von Studenten
       benutzt, um mit der Führungsriege der extremistischen Partei Hizb ut-Tahrir
       Kontakt aufzunehmen und ideologische Schriften anzuwerben und zu verteilen.
       
       Laut Sutton greifen verschiedene Individuen auch auf Facebook als
       Propagandainstrument zurück. Besonders auffällig ist ein angeblich in
       Somalia beheimatetes Facebook-Mitglied, der die Al-Shabab Kriegsflagge als
       Profilfoto für seine Facebook-Seite benutzt. Der „Krieger“ hat außerdem
       diverse Videos gepostet in denen gewalttätige Extremisten – darunter auch
       Awlaki – mit Studenten von der University of Westminster in London zu sehen
       sind.
       
       Wie Sutton weiter berichtet, stieß Student Rights auch auf mit Studenten
       geteilte Facebook-Seiten, die Extremisten mit Verbindungen zu Al-Muhajiroun
       und Millatu Ibrahin bewarben – beides Islamistengruppen, die inzwischen
       verboten wurden.
       
       Die Bemühungen des BBC-Journalisten Al-Shishani von Twitter eine
       Stellungnahme zu bekommen, schlugen bislang fehl. Seine E-Mails blieben
       unbeantwortet und telefonisch ist das Internet-Unternehmen laut dem
       Pressevertreter nicht zu erreichen.
       
       4 Jul 2012
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.bbc.co.uk/news/world-middle-east-18532839
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frank Heinz Diebel
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
       
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