# taz.de -- Betreuung I: Alles fürs Kind
       
       > Der Mangel an Kitaplätzen treibt wilde Blüten: Manche Eltern zahlen Geld,
       > um nicht von der Warteliste zu fliegen. Eine soziale Vorauswahl ist die
       > Folge
       
 (IMG) Bild: Teurer Platz: Weil die Kitaplätze immer knapper werden, verlangen manche Kitas von Eltern Gebühren. Legal ist das nicht
       
       250 Euro monatlich für einen Platz auf der Warteliste – das ist einer der
       schlimmsten Fälle von Kita-Sondergebühren, über den die
       Friedrichshain-Kreuzberger Familienstadträtin Monika Herrmann (Grüne) von
       Eltern aus ihrem Bezirk informiert wurde. Drei Monate hätten die Eltern in
       diesem Fall die von der Kindertagesstätte verlangte „Freihaltegebühr“
       bezahlt und sich dann zur Beratung über deren Rechtmäßigkeit an das
       Bezirksamt gewandt – wie immer mehr Berliner Eltern auf Kitaplatzsuche, so
       Herrmann.
       
       Vielen Eltern, sagt die Familienstadträtin, würden Zusatzbeiträge für
       spezielle Angebote wie Musik- oder Fremdsprachenunterricht von Kitas
       verpflichtend abverlangt: „Machen die Eltern die entsprechenden Verträge
       nicht, gibt es keinen Platz in der Kita.“ Hohe Summen wie im Fall der
       sogenannten Freihaltegebühr seien zwar die Ausnahme. Doch dass Kitas über
       die gesetzlich geregelten Elternbeiträge hinaus Sondergebühren verlangten,
       sei längst kein Einzelfall mehr, sagt Herrmann. Betroffen seien dabei nicht
       nur ihr Bezirk, sondern alle Innenstadtbezirke: „Das ist eine Folge des
       Kitaplatzmangels.“
       
       ## Rare Plätze
       
       Kitaplätze sind rar geworden in Berlin: Von 93,4 auf 96,2 Prozent stieg die
       Auslastung der genehmigten Plätze seit in den ersten vier Monaten dieses
       Jahres im Vergleich zum Jahresende 2011. Das geht aus der Antwort der
       Senatsjugendverwaltung auf eine kleine Anfrage der Linken-Abgeordneten
       Katrin Möller vom Mai hervor. Das bedeute aber nicht, dass 3,8 Prozent der
       offiziell 133.670 berlinweit angebotenen Kitaplätze frei seien, erklärt
       Gerda Wunschel, Geschäftsführerin der gemeinnützigen Ina-Kindergarten-GmbH,
       die 18 Kitas in sechs Berliner Bezirken betreibt. Genehmigte Plätze stünden
       etwa mangels Personal nicht zu hundert Prozent zur Verfügung. „Das heißt
       für eine Familie, die einen Kitaplatz braucht, oft sehr langes Suchen und
       Warten, bis sie das Passende findet“, sagt Wunschel.
       
       Dieses „Dilemma“ einer „mangelhaften Kitaplanung“ durch den Senat sei
       Ursache für die Zuzahlungen, die die Grünen anprangerten, heißt es vom
       Dachverband Berliner Kinder- und Schülerläden DAKS. „Schwarze Schafe“, die
       mit Kitaplätzen Geschäfte machen wollten, hätten „dort leichtes Spiel, wo
       es keine Wahlmöglichkeit für Eltern gibt“, heißt es in einer
       Pressemitteilung des Verbands. Zudem wünschten viele Eltern „für ihr Kind
       eine Förderung, die den gesteckten (und finanzierten) Rahmen in Berlin
       oftmals sprengt“. Sonderzahlungen für Zusatzangebote in Kitas entstünden
       damit oft auch auf Wunsch von Eltern.
       
       ## Gebühren illegal
       
       Dennoch: Forderungen wie Anmeldegebühren oder Wartelistenkosten seien
       schlicht „nicht legal“, so die Grüne Monika Herrmann. Zusatzgebühren für
       Spezialangebote wie Früh-Englisch oder besondere Sportkurse seien zwar
       „okay, wenn die Eltern sich darauf einigen“. Die Beteiligung daran dürfe
       aber nicht Bedingung für einen Platz in der Kita sein. Es könne nicht sein,
       heißt es in einer Presseerklärung der Friedrichshain-Kreuzberger Grünen
       dazu, „dass die finanziellen Möglichkeiten einer Familie für den Kitaplatz
       entscheidend sind“. Das führe zu „sozialen Auswahlprozessen und
       Diskriminierungen“ bei der Kitasuche.
       
       Auch Gerda Wunschel von den Ina-Kindergärten kennt die Sonderwünsche von
       Eltern in Sachen Fremdsprachen, Sport oder Musik. „Wir entsprechen dem,
       wenn alle Eltern einer Gruppe das wünschen und zahlungskräftigere auch für
       weniger betuchte mitfinanzieren“, so Wunschel: „Unsere Philosophie ist,
       dass alle Kinder die gleichen Chancen haben sollen.“
       
       ## Mehr Plätze nötig
       
       Um das sicherzustellen, will die grüne Stadträtin Herrmann Eltern künftig
       besser darüber informieren, welche Klauseln und Gebühren in Kitaverträgen
       rechtens sind und welche nicht. Ab August soll in ihrem Bezirk ein
       Informationsflyer kitaplatzsuchende Familien darüber aufklären. Zudem werde
       das Bezirksamt eine Beratungshotline einrichten.
       
       Dass auch mehr Kitaplätze nötig seien, um das Problem zu lösen, sei klar,
       so Herrmann. Das habe auch die Senatsjugendverwaltung mittlerweile
       verstanden, die derzeit einen weiteren Ausbau von Kitaplätzen vor allem für
       unter dreijährige Kinder plane. „Doch solange wir darauf warten, möchte
       ich, dass diese illegalen Sachen aufhören.“
       
       9 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Alke Wierth
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA