# taz.de -- DIE WAHRHEIT: DER HOMOSEXUELLE MANN ...
       
       > DER HOMOSEXUELLE MANN ...
       
       … legt sich noch einmal ins Zeug, ist fast schon auf der Zielgeraden.
       Taucht öffentlich nur zu zweit auf, nennt seinen Partner jetzt „Ehemann“,
       will Kinder adoptieren und das Ehegattensplitting mitnehmen. Und bei der
       letzten Fußball-EM sollen so viel Schwule wie noch nie vor den
       Fernsehschirmen gesessen haben, behaupten die, die davor gesessen haben.
       Ich kennen einen, der hat sogar die Hymne mitgesungen, jedes Mal.
       
       Und dann das! Donnerstag, der 28. Juni 2012! Der schwarze Donnerstag! Von
       der Öffentlichkeit komplett ignoriert, hatten die Grünen im Bundestag die
       Abgeordneten dazu aufgefordert, in namentlicher Abstimmung endlich Ja zu
       sagen zur Öffnung der Ehe auch für homosexuelle Paare. Das Ergebnis war ein
       Schlag für alle Integrationswilligen: 309 stimmten dagegen, 260 dafür, 12
       Enthaltungen. Selbst die lesbisch-schwule Prominenz der Regierungskoalition
       – Altmaier und Schavan, Spahn, van Essen und Kauch – sagten Nein oder
       enthielten sich, und der „verpartnerte“ Außenminister schwänzte den
       Urnengang. Die schwule Gemeinde reagierte wütend und empört. „Schämt euch“,
       „unverschämt!“, „die Regierenden wollen uns weiterhin als Menschen 2.
       Klasse sehen“, so und ähnlich lauteten die Kommentare im Internet. Der Zorn
       traf vor allem die sich ansonsten als besonders homofreundlich gebärdende
       FDP, auf Facebook gründete sich umgehend eine „Initiative für die Ächtung
       der FDP beim ColognePride“, woraufhin die Organisatoren des Kölner CSD vom
       vergangenen Wochenende die Paraden-Teilnehmer bitten mussten, den Wagen der
       FDP nur ja nicht mit Tomaten zu beschmeißen.
       
       Wie die CDU/CSU ihr Nein begründete, stellte der (heterosexuelle)
       CDU-Abgeordneter Alexander Funk in einem Schlagabtausch mit dem (schwulen)
       Journalisten Dirk Ludigs auf [1][www.queer.de] klar: Es gehe um den
       „besonderen Schutz von Ehe, Familie und Kindern“, der eine Gleichstellung
       der homosexuellen Paare ausschließe. Worauf Ludigs konterte: „Wenn Sie
       Schwarzen den Sitzplatz im Bus verweigern, ist das dann auch eine Förderung
       des öffentlichen Nahverkehrs?“
       
       Und Kanzlerin Merkel? War selbstverständlich bei der Abstimmung nicht dabei
       und hat auch sonst nichts zur Angelegenheit zu sagen. Obwohl ihre Kollegen
       gerade vormachen, wo’s langgeht. Erst im Mai forderte US-Präsident Obama
       eine Gleichstellung von Lesben und Schwulen im Eherecht, in Paris kündigte
       der neue Premierminister Jean-Marc Ayrault an, bis 2013 die Ehe auch für
       Lesben und Schwule zu öffnen. Und Großbritanniens konservativer Premier
       David Cameron bekräftigte am Wochenende in seiner Botschaft an die Londoner
       CSD-Parade die gleichen Pläne seiner Regierung.
       
       So ist Angela Merkel isoliert auch in dieser Frage. Obwohl sie optisch das
       Zeug hat zur besten Schwulenmutti aller Zeiten, will sie sich die
       Sympathien ihrer konservativen Wähler nicht mit einem Ja zur Homoehe
       verscherzen. Lieber wartet sie auf den Richterspruch aus Karlsruhe, der sie
       und ihre Partei in die Gegenwart zwingt. Und dieser Richterspruch kommt.
       
       10 Jul 2012
       
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