# taz.de -- Shoppingcenter gegen Flaniermeilen: Kampf um die Einkaufsstraßen
       
       > ECE baut Shoppingcenter in Innenstädte. Kritiker sagen: Dadurch sterben
       > Fußgängerzonen. Mit einer Stiftung wirbt ECE-Chef Otto um seinen Ruf –
       > auch in der großen Politik.
       
 (IMG) Bild: Die großen Ketten locken die Konsumentinnen in die Fußgängerzonen - oder in die Shoppingcenter.
       
       Der Oberbürgermeister von Dortmund hat sich den Abend frei gehalten. In
       Dortmund hat ECE kürzlich eine Galerie eröffnet. Auch der von Leipzig ist
       gekommen, wo ECE die Einkaufspassagen im Hauptbahnhof realisiert hat.
       Selbst der Oberbürgermeister von Freiburg, wo ECE vor Jahren auch mal was
       bauen wollte, ist angereist.
       
       Vor all diesen Gästen tritt Alexander Otto, der Vorstandsvorsitzende des
       Shoppingcenter-Konzerns ECE, an diesem Mittwochabend in einer besonderen
       Funktion auf: als Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung Lebendige Stadt. In
       einer Lounge des Dortmunder Stadions gibt es Podiumsdiskussionen und Preise
       für unverwechselbare Stadtkonzepte, danach Bier und Fleisch. Die Gäste
       dürfen an diesem Abend im Dezember 2011 durchs leere Stadion spazieren,
       Jürgen Klopp schaut vorbei, einige Honoratioren lassen sich mit ihm
       fotografieren und gegen Otto spielt er sogar eine Partie Kicker.
       
       Alexander Otto ist für viele ein Feindbild. Er baut Shoppingcenter in
       Innenstädte. Diese Center ziehen Einkäuferinnen an, sie ziehen diese
       Einkäufer aber auch aus den Fußgängerzonen ab. Die Fußgängerzonen veröden
       dadurch, sagen die Kritiker. Ein-Euro-Shops und Sexshops rücken an die
       Stelle von Elektromärkten oder Kleiderläden. In einigen Städten wehren sich
       Bürgerinitiativen gegen ECE-Center. Aber Alexander Ottos Konzern baut
       weiter.
       
       Im Kuratorium der Stiftung Lebendige Stadt, die an diesem Abend ins
       Dortmunder Stadion einlädt, sitzen neben Alexander Otto auch Olaf Scholz,
       der Oberbürgermeister von Hamburg, und Wolfgang Tiefensee, der mal
       Bundesbauminister war. Im Stiftungsrat sind noch mehr Politiker, ehemalige
       Minister, amtierende Oberbürgermeister.
       
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       Was für eine Konstellation: Ein Unternehmer, der Shoppingcenter in
       Innenstädte baut, gründet eine Stiftung, in der sich viele der
       Bürgermeister engagieren, die über seine Projekte entscheiden könnten.
       Besteht da nicht ein Interessenkonflikt für die Politiker? "Nein",
       antwortet ein Sprecher von Olaf Scholz sehr knapp auf eine sonntaz-Anfrage.
       
       „Es geht ja nicht darum, damit den Boden für ECE-Projekte zu bereiten“,
       sagt auch der Sprecher des Freiburger Oberbürgermeisters. „Ich kenne eine
       Reihe Oberbürgermeister, ich habe noch keinen erlebt, der sagt: Davon lasse
       ich mich beeindrucken.“ Die Stiftung habe gute Fachleute, das helfe über
       den Tellerrand zu schauen. In Freiburg sei ECE derzeit nicht aktiv und
       plane auch nicht, dort etwas zu realisieren.
       
       Die Stiftung verbessere das städtische Leben, lässt der Kölner
       Oberbürgermeister, ebenfalls im Stiftungsrat, mitteilen. Sie habe mit
       Deutscher Bahn und Rheinenergie die Beleuchtung für Bahnunterführungen in
       Köln optimiert, schreibt Sprecher Gregor Timmer. Man schätze den
       „Erfahrungsaustausch“.
       
       ## Neue Sensibilität für Filz
       
       „Die Sensibilität dafür, dass das Filz ist, die ist ja relativ neu“, sagt
       Rupert Graf Stachwitz, der Stiftungen berät und ein Handbuch über das
       Stiftungswesen geschrieben hat. Er hat den Eindruck, dass das Bewusstsein
       für solche Interessenkonflikte seit der Wulff-Affäre gewachsen ist.
       
       In Jena etwa hat der Oberbürgermeister Zweifel an seinem Engagement
       bekommen. Weil die ECE gerade plant, am dortigen Eichplatz zu bauen,
       schreibt dessen Sprecherin auf Anfrage: „Die Mitarbeit ruht bis auf
       Weiteres, der Oberbürgermeister nimmt an keiner Veranstaltung der Stiftung
       teil.“ Schröter habe nicht gewusst, müsse man zugeben, in welchem
       Verhältnis ECE und die Stiftung stehen.
       
       „Die Stiftung ist ein Instrument von ECE und von Alexander Otto. Sie ist
       damit direkt verbunden und wird von ECE und Otto kontrolliert“, sagt Ulrich
       Müller von Lobbycontrol.
       
       „Wir bemühen uns um eine sehr klare Trennung", widerspricht Rando Aust,
       Sprecher der Stiftung. „Es sind nur drei Leute von ECE unter den 63
       Gremienmitgliedern, wobei die Gremien mit einfacher Mehrheit entscheiden.“
       
       Die ECE-Leute sitzen aber an den wichtigsten Stellen, kritisiert Müller.
       Das Kuratorium leitet Alexander Otto, den Vorstand ECE-Geschäftsführer
       Andreas Mattner. Das gesamte Stiftungsvermögen stammt von ECE.
       
       ## „Ein ganz anderer Akzent“
       
       Eine zu große Nähe zwischen ECE und der Stiftung bestreitet der Kölner OB
       dennoch. Sie beschäftige sich nicht mit dem Thema Einzelhandel, dem
       Geschäftsfeld von ECE.
       
       „Das ist letztendlich Lug und Trug“, sagt Ulrich Müller. „Natürlich
       beschäftigt sich die Stiftung mit Bereichen, die für die Unternehmensziele
       relevant sind. Alexander Otto benutzt die Stiftung Lebendige Stadt als
       Imageabfederung gegen den Vorwurf, dass seine Einkaufszentren die
       Innenstädte veröden. Sie dient dazu, positiv wahrgenommen zu werden. Nicht
       als die grauen Männer, die ihre Center möglichst profitabel verticken
       wollen. Sondern als die netten Männer, die etwas für die Stadt tun.“
       
       Auch der Stiftungsexperte Rupert Graf Stachwitz stellt fest: „Dass eine
       Stiftung so dezidiert Positionen vertritt, von denen das nahestehende
       Unternehmen unmittelbar betroffen ist, und dass die Unternehmensleitung
       zugleich in der Stiftung tätig ist, das ist schon ein Ausnahmefall.“
       Alexander Ottos Bruder Michael habe einen sehr guten Leumund für seine
       Stiftung. Er engagiert sich etwa für den Schutz von Flüssen, Seen und Auen.
       Alexander Otto dagegen setze „einen ganz anderen Akzent“. Rechtlich sei das
       Vorgehen nicht angreifbar, solange die Stiftung sich gemeinnützig betätige.
       
       In Köln betreibt Ottos ECE gleich drei Center; eines wird gerade umgebaut.
       Der Kölner Oberbürgermeister steht trotz aller Kritik zu seinem Engagement.
       „Der Gedanke, ein Unternehmen könne über die Unterstützung von
       Stiftungsarbeit direkt oder indirekt Einfluss auf politische
       Entscheidungsprozesse in Kommunen nehmen, ist nicht nachzuvollziehen“,
       schreibt sein Sprecher. Einer Beeinflussung, fährt er fort, stünden nicht
       nur die Komplexität politischer Willensbildung und moderner
       Bürgerbeteiligung, sondern auch die rechtlichen Anforderungen von
       Genehmigungsprozessen und die Verfahren der europäischen Ausschreibungs-
       und Vergabepraxis entgegen.
       
       Soll wohl bedeuten: mitgehangen, aber nicht mitgefangen.
       
       Wie das Unternehmen von Alexander Otto sich die Zielstädte für neue
       Projekte aussucht, wie es Bürgermeister überzeugt, warum wir Konsumenten es
       Otto einfach machen und wie der Essener Makler Eckhard Brockhoff die
       Fußgängerzonen seines Ruhrgebiets verteidigt, lesen Sie in der [1][sonntaz
       vom 14./15. Juli 2012]. Am Kiosk, [2][eKiosk] [3][oder gleich im
       Wochenendabo]. Und für Fans und Freunde: [4][facebook.com/sonntaz]
       
       14 Jul 2012
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Johannes Gernert
       
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