# taz.de -- Berliner Gewässer: Da ist doch was faul
       
       > Müll und Klima setzen den Flüssen und Wasserstraßen zu. Im Landwehrkanal
       > bedroht der geringe Sauerstoffgehalt des Wassers die Fische. Grüne
       > fordern ein Konzept vom Senat.
       
 (IMG) Bild: Dem Fisch ist nicht mehr zu helfen.
       
       Plastikmüll und leblose Fische schwimmen neben Ölschlieren im Wasser. Ein
       übler Geruch bis jenseits der Ufer. Es ist etwas faul im Landwehrkanal.
       
       „Ich bin absolut kein Wasserexperte, aber diese Symptome wirken auf mich
       als Laien sehr danach, dass der Kanal gekippt ist oder zumindest am Kippen
       ist“, sagt Anwohner Killian Jörg. Die Zustände stimmen ihn beim täglichen
       Spaziergang am Kanal bedenklich. Auch das gemütliche Entspannen am Ufer des
       knapp 11 Kilometer langen Kanals ist längst nicht mehr so beliebt bei den
       BerlinerInnen. Kaum verwunderlich, betrachtet man die Kolonien von Müll und
       toten Tieren, die sich verstärkt in den Kreuzberger und Neuköllner
       Abschnitten ansiedeln und einen penetranten Geruch produzieren.
       
       „Folgen einer Wegwerfmentalität“, meint der Sprecher für Naturschutz und
       Umweltbildung der Grünen im Abgeordnetenhaus, Turgut Altug. „Hierbei ist es
       wichtig, vonseiten der Politik, aber auch der Industrie Maßnahmen zu
       ergreifen, um plastikfreie Mehrweg- beziehungsweise biologisch abbaubare
       Produkte zu entwickeln und unser Konsumverhalten neu zu überdenken.“
       
       Das Grundproblem sei jedoch der Klimawandel, der eine starke Schwankung der
       Witterungsverhältnisse und Unwetter als Folge habe und damit mitunter
       Ursache des Absinkens des Sauerstoffs im Landwehrkanal sei. „Seitens des
       Senats müssen Strategien bezüglich des Umgangs mit den sich verändernden
       Klimabedingungen für Berlin entwickelt werden“, fordert Altug. Außer
       „Papiertigern und Absichtserklärungen“ sei bisher aber nichts gekommen.
       
       Die Pressesprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt,
       Daniela Augenstein, widerspricht: „Die Problematik der zunehmenden
       Verschmutzung des Landwehrkanals ist auch dem Senat nicht unbekannt. Es
       sind Bürgerinnen und Bürger an uns herangetreten und haben von toten
       Fischen im Kanal berichtet, wir haben sofort eine Reinigung in Auftrag
       gegeben.“
       
       Starke Regenfälle würden Mischwasser, Dreck und Öl von den Straßen in das
       Wasser treiben, das den Fischen keinen angemessenen Lebensraum mehr bieten
       könne. Auch sei der Sauerstoffanteil von 1 bis 4 Milligramm pro Liter je
       nach Kanalabschnitt kritisch für die Tiere im Wasser. Die Fische benötigen
       4 bis 5 Milligramm Sauerstoff. Um dem zu niedrigen Gehalt entgegenzuwirken,
       fährt das Sauerstoffbelüftungsschiff „Rudolf Kloos“ seit Mai den
       Landwehrkanal in der Woche von 22 bis 6 Uhr hoch und runter. Dass diese
       Maßnahmen unternommen werden, sei grundsätzlich erfreulich, sagt
       Grünenpolitiker Altug.
       
       Das Problem sei allerdings nicht neu, sondern vielmehr „in jedem Sommer ein
       Thema“. Dennoch habe der Senat bisher kein Konzept entwickelt, das immer
       wiederkehrende Fischsterben in den Gewässern nachhaltig zu stoppen.
       Problematisch ist auch, dass die Aufgabenfelder zur Intakthaltung des
       Kanals auf Senat, Bezirksämter sowie Wasser- und Schiffsfahrtsamt Berlin
       (WSA) verteilt sind. Während die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und
       Umwelt etwa die Wasserqualität verantwortet und die Wassergüte
       kontrolliert, sind die Bezirksordnungsämter Ansprechpartner an Land. Das
       WSA ist für die bauliche Konstruktion des Kanals und dessen Nutzung durch
       die Schifffahrt zuständig. Das heißt, für die Müllentsorgung an den Ufern
       ist der Bezirk verantwortlich, im Wasser der Senat – eigentlich.
       
       Sobald sich der Müll aber in einem Ausmaß häuft, dass die Schifffahrt
       eingeschränkt wird, ist die WSA für die Entsorgung zuständig. Darüber, wo
       eine Zuständigkeit für die einen endet und für die anderen beginnt, kann es
       also unterschiedliche Auffassungen geben. Eine aktive Kommunikation
       miteinander ist damit notwendig, jedoch offenbar noch nicht vorhanden.
       
       Bis es zu neuen, nachhaltigen Vorkehrungen kommt, können Berliner jedoch
       auch in den kommenden Sommerzeiten ähnliche Bilder am Ufer des
       Landwehrkanals erwarten.
       
       13 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Phuong Duyen Tran
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Abfall
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Schrottangler aus Eberswalde: Mit Geduld und schweren Magneten
       
       Sie fanden es öde, nur Fische zu angeln. Jetzt holen Devon Hoffmann und
       Leon Holub Altmetall aus Gewässern – und werden auf Social Media gefeiert.
       
 (DIR) Plastikmüll beim Einkauf: Allet Jute imma inne Jutetasche
       
       5,3 Milliarden Plastiktüten gehen pro Jahr über die Ladentheken.
       Umweltschützer fordern ein Umdenken – und mehr Jutetaschen.