# taz.de -- PID-Gegner laufen wieder Sturm: Die Angst vor dem „Normalfall“
       
       > Wer die Gendiagnostik an Embryonen auf welche Weise machen soll, sorgt
       > für neuen Streit. Befürchtet wird die unkontrollierte Vorsortierung
       > menschlichen Lebens.
       
 (IMG) Bild: Kein Porno: So sieht eine künstliche Befruchtung aus.
       
       BERLIN taz | Die druckfrische Rechtsverordnung zur
       Präimplantationsdiagnostik (PID) aus dem Haus von Bundesgesundheitsminister
       Daniel Bahr (FDP) sorgt für ähnliche politische Kontroversen wie vor einem
       Jahr die Debatte um das PID-Gesetz selbst.
       
       „Künftig wird es menschliches Leben nur noch qualitätsgeprüft geben“,
       warnte am Donnerstag der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Hubert
       Hüppe (CDU). Schuld daran sei auch die Rechtsverordnung, die tatsächlich
       bloß die Durchführung der PID regelt – etwa indem sie Kriterien für die
       Zulassung künftiger PID-Zentren und -Ethikkommissionen festlegt.
       
       Bahr hatte die Verordnung zur Wochenmitte an die 16
       Landesgesundheits-ministerien versendet und um Stellungnahme und Zustimmung
       im Bundesrat gebeten. „Die Rechtsverordnung führt zur puren Freigabe der
       PID“, so Hüppe zur taz. Seine Kritik gründet auf dem Passus in der
       Verordnung, in dem es heißt, es gebe keine zahlenmäßige Beschränkung bei
       der Zulassung von PID-Zentren.
       
       Demnach könne PID künftig „jeder anbieten, der Befruchtung macht und ein
       Labor hat“, glaubt Hüppe. Dies wiederum, kritisierte der
       Unionsvizefraktionschef Johannes Singhammer (CSU), führe dazu, „dass sich
       ein Geschäftsmodell entwickelt, das niemand gewollt hat“.
       
       ## „Normalfall jeder künstlichen Befruchtung“
       
       Wer PID anbiete, wolle auch Routine, also möglichst viele Patientinnen,
       sagte Katharina Friebe, Referentin der Evangelischen Frauen in Deutschland:
       „PID könnte damit zum Normalfall jeder künstlichen Befruchtung werden.“
       Problematisch, so Friebe, sei auch, dass jedes Bundesland eigene
       PID-Ethikkommissionen berufen dürfe.
       
       „Das wird zu unterschiedlichen Bewertungen führen und dazu, dass die Frauen
       dahin gehen, wo ihrem Wunsch entsprochen wird.“ Bei der PID werden im
       Reagenzglas erzeugte Embryonen schon vor dem Einpflanzen in den Mutterleib
       auf mögliche genetische Schäden untersucht.
       
       Das Gesetz erlaubt eine solche Diagnostik aber nur, wenn ein oder beide
       Elternteile die Veranlagung zu einer schwerwiegenden Erbkrankheit haben
       oder mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Tot- oder Fehlgeburt droht.
       
       Die Kriterien jedoch, was eine schwerwiegende Krankheit sei, würden durch
       die Verordnung nicht festgelegt, schimpfte Singhammer: „Es gibt keine
       Definition und keinen inhaltlichen Rahmen“. Auf einen Krankheiten-Katalog
       allerdings wurde im PID-Gesetz selbst absichtlich verzichtet. Eine
       individuelle Abwägung sollte so ermöglicht werden.
       
       ## „Ein Kompromiss“
       
       Singhammer sagte, er sei sicher, dass die Länder sich „gut überlegen“
       würden, ob sie im Herbst im Bundesrat der Verordnung zustimmen wollen. Tun
       sie es nicht, gibt es für Paare und Ärzte keine Rechtssicherheit.
       
       Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums verteidigte die Verordnung: „Das
       Gesetz, das die Abgeordneten mehrheitlich auf den Weg gebracht haben, ist
       ein Kompromiss. Es gibt dem Ministerium einen engen Rahmen vor.“ Die
       konkrete Ausgestaltung sei jetzt Aufgabe der Länder. Die schweigen. Bis
       Redaktionsschluss kündigten Bayern, Hamburg und Hessen nur an, „intensiv
       prüfen“ zu wollen.
       
       12 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Heike Haarhoff
       
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