# taz.de -- Hartz IV für Asylbewerber?: „Nicht nur für Deutsche“
       
       > Der Grüne Volker Beck fordert, dass Asylbewerber so viel finanzielle
       > Unterstützung erhalten wie Hartz-IV-Empfänger. Die Union will ihnen
       > weiterhin weniger zahlen.
       
 (IMG) Bild: Wie viel sollen Asylbewerber zum Leben bekommen?
       
       Vor einem wegweisenden Urteil des Bundesverfassungsgerichtes fordern die
       Grünen, Asylbewerbern genauso viel Geld zu zahlen wie Hartz-IV-Empfängern.
       „Aus unserer Sicht muss das Existenzminimum nicht nur für Deutsche gelten,
       sondern für alle Menschen in Deutschland“, schreibt der
       menschenrechtspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, im Streit der
       Woche in der aktuellen sonntaz.
       
       Am Mittwoch wird das höchste deutsche Gericht darüber entscheiden, ob die
       Sätze für Asylbewerber an die von Erwerbslosen angepasst werden. Die
       Beträge für Asylbewerber seien nicht nur viel zu niedrig, stellt Beck fest,
       „sie sind auch willkürlich festgesetzt worden.“
       
       Bisher erhalten Asylbewerber 224,97 Euro monatlich, größtenteils in Form
       von Gutscheinen. Ein Hartz-IV-Empfänger bekommt 374 Euro. Damit liegen die
       Sätze von Asylbewerbern 40 Prozent unter dem gesetzlich festgelegten
       Existenzminimum.
       
       Michael Frieser, Integrationsbeauftragter der CDU/CSU-Fraktion im
       Bundestag, verteidigt in der sonntaz die bestehende Regelung: „ALG II soll
       erwerbsfähige Personen bei der Eingliederung in Arbeit unterstützen.
       Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sollen die Existenz
       sichern.“ Sachleistungen seien keine Schikane, sondern notwendig, um
       Flüchtlinge vor Schleppern zu schützen, die sie erpressen wollen, meint der
       Integrationsbeauftragte.
       
       Integration wird so allerdings verhindert, schreibt ein anderer Gastautor,
       selbst Flüchtling. Er ist aus Syrien geflohen und möchte anonym bleiben,
       weil er Angst um seine Familie hat, die immer noch in Syrien lebt. Er weiß,
       dass viele Flüchtlinge psychisch krank werden, weil sie jahrelang nicht
       arbeiten dürfen und auf die geringen Leistungen des Staates angewiesen
       sind. Er selbst hat die Erfahrung gemacht, dass die Gutscheine viel zu
       knapp bemessen sind: „Ich kaufe keine teuren Lebensmittel, aber ich habe es
       noch nie geschafft, dass das Geld bis zum Ende des Monats reicht. Dann lade
       ich mich bei meinen Mitbewohnern zum Essen ein.“
       
       Nurjana Ismailova von „Jugendliche ohne Grenzen“ hält die rechtliche Lage
       für unmissverständlich: „Wenn wir das Grundgesetz und seine Vorgaben ernst
       nehmen, ist die Antwort eindeutig: Natürlich sollen Asylbewerber Anspruch
       auf Hartz IV haben.“ Hartz IV, das sind die Leistungen, die unabdingbar
       sind, um ein Leben in Würde zu führen, schreibt sie. Alles, was diesen
       Betrag unterschreite, verletzte die Menschenwürde. Und das, so die Autorin,
       mache die Bundesregierung seit mehr als 20 Jahren.
       
       Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge konnten wir nicht für eine
       Stellungnahme gewinnen. „Nicht vor und nicht nach dem Urteil“, hieß es
       dort. Michael Kleinhans, Abteilungsleiter im Bundesamt für Migration und
       Flüchtlinge, sprach allerdings im Februar 2011 als Sachverständiger vor dem
       Bundestag: „Wenn wir die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz
       erhöhen würden, wäre das ein noch größerer Anreiz, zu uns zu kommen“, sagte
       er in der Anhörung.
       
       „Inländern“ dürfte es nicht gefallen, schrieb er in der schriftlichen
       Stellungnahme des Amtes, „wenn sie dem gleichen Leistungsniveau unterworfen
       würden wie Personen, die gerade erst eingereist sind und den Anspruch mit
       Stellung eines einzigen (Asyl-)Antrages oder der beharrlichen Verweigerung
       der Ausreise bewirken.“
       
       Die sonntaz-Frage „Sollten Asylbewerber Hartz IV bekommen“ diskutieren
       außerdem Heribert Prantl, Ressortleiter Innenpolitik bei der Süddeutschen
       Zeitung, Anette Kramme, Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion für Arbeit
       und Soziales, und Maik Niemann, Hauswirtschafter, der die Frage auf
       Facebook kommentierte – in der [1][sonntaz vom 14./15. Juli]. Die sonntaz
       gibt es auch im [2][Wochenendabo].
       
       14 Jul 2012
       
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