# taz.de -- Investigativer Journalist über die Fifa: „Blatter ist etwas desorientiert“
       
       > Andrew Jennings deckte den Fifa-Korruptionsskandal mit auf. Er erklärt,
       > warum Sepp Blatter trotz der jüngsten Vorwürfe im Amt bleibt und es auch
       > um Unterschlagung geht.
       
 (IMG) Bild: „Blatter garantiert für viel zu viele Fußball-Funktionäre in aller Welt ein angenehmes Leben. Sie lieben ihn. Und es gibt keinen geeigneten Nachfolger“, sagt Andrew Jennings.
       
       Herr Jennings, Sepp Blatter schießt im Interview mit dem Schweizer
       Boulevardblatt Blick gegen Deutschland: Bei der Vergabe der WM 2006 soll es
       zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein. Müssen wir uns die Vorgeschichte des
       „Sommermärchens“ noch mal genauer anschauen? 
       
       Andrew Jennings: Natürlich würde sich das lohnen – doch aktuell geht es um
       Wichtigeres. Dass Blatter plötzlich mit dem Finger auf Deutschland zeigt,
       ist nur Teil seines Versuchs, die Medien abzulenken. Denn seit der
       Veröffentlichung der Gerichtsbeschlüsse ist klar: Blatter wusste von den
       Schmiergeldzahlungen – und das nicht erst seit 2001, wie er bis heute immer
       noch behauptet.
       
       Blatter erklärt aber doch gleichzeitig, diese Zahlungen an den früheren
       Fifa-Chef João Havelange und das langjährige Exekutiv-Mitglied Ricardo
       Teixeira seien damals nicht strafbar gewesen – und er selbst habe nie Geld
       erhalten. 
       
       Aber was hat Blatter gewusst und gedeckt? Ich halte das übrigens nicht nur
       für institutionelle Bestechung, wie es überall dargestellt wird. All die
       WM-Tickets, die hintenrum vergeben werden – das ist Unterschlagung, und die
       war schon im alten Rom strafbar!
       
       Blatter will jetzt doch selbst gegen Havelange vorgehen, sagt, der könne
       nach diesen Vorgängen nicht Fifa-Ehrenpräsident bleiben? 
       
       Blatter ist wohl gerade etwas desorientiert. Ich halte das nicht einmal für
       ein taktisches Manöver. Der Fifa-Chef steht unter Druck.
       
       Zumal auch DFL-Ligapräsident Reinhard Rauball am Freitag Blatters Rücktritt
       forderte. Heute tagt das Fifa-Exekutivkomitee – wäre doch eine prima
       Gelegenheit! 
       
       Gut, dass sich wenigstens eine der großen Fußballnationen traut, die Klappe
       aufzumachen. So gibt es wenigstens ein paar Schlagzeilen. Der britischen
       Verband hält lieber weiter die Klappe. Die Frage ist bloß: Hört irgend
       jemand zu?
       
       Und – hört jemand die Signale? 
       
       Ich fürchte nicht: Blatter garantiert für viel zu viele Fußball-Funktionäre
       in aller Welt ein angenehmes Leben. Sie lieben ihn. Und es gibt keinen
       geeigneten Nachfolger.
       
       Wieso? Uefa-Präsident Michel Platini gilt doch seit Langem als Blatters
       Kronprinz! 
       
       Ja, Blatter hat noch beim Uefa-Kongress 2004 den netten Onkel gegeben, der
       bald abtritt und Platini als Favoriten bezeichnet. Und jetzt sagt er zur
       Frage, ob er 2015 noch einmal antritt, er würde es nicht ausschließen. Das
       ist typisch Blatter. Platini hat aber ein ganz anderes Problem
       
       Etwa die Torkamera? 
       
       Nein, nicht die Torkamera, das ist doch auch wieder so ein
       Ablenkungsmanöver. Platini gilt in solch ehrenwerten Kreisen einfach als zu
       ehrlich. Er würde die Archive offenlegen, Journalisten Zugang gewähren.
       
       Blatter hat seit Januar aber doch auch für mehr Offenheit getrommelt und
       Reformen angekündigt. 
       
       Ja, nachdem ihm klar war, dass die BBC und eine handvoll Schweizer Medien
       am Ende juristisch Erfolg haben und die Veröffentlichung des
       Gerichtsbeschlusses von 2010 erzwingen würden, in denen die Fälle Havelange
       und Teixeira dokumentiert sind. Dagegen sind doch nicht nur deren Anwälte
       bis zuletzt Sturm gelaufen. Die intellektuelle Hauptarbeit haben die
       Anwälte der Fifa geleistet, während sich gleichzeitig Blatter als Aufklärer
       inszenierte. Zum Glück hatten wir am Ende das Schweizer Establishment auf
       unserer Seite.
       
       16 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Steffen Grimberg
       
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