# taz.de -- Betrogene Kleinanleger in Spanien: „Preferentes“ vom netten Bankberater
       
       > Spaniens Banken zockten Kunden mit komplexen Produkten ab. Wenn den
       > Geldhäusern mit dem Eurorettungsschirm geholfen wird, verlieren viele
       > Kleinanleger ihr Geld trotzdem.
       
 (IMG) Bild: Ist bankrott und braucht 23 Milliarden Euro zur Sanierung: das spanische Kreditinstitut Bankia.
       
       MADRID taz | Ángeles Molina kann es nicht glauben. „Er hat mich übers Ohr
       gehauen“, schimpft sie über den Bankia-Filialleiter in ihrem Madrider
       Stadtteil. „20 Jahre lang war ich Kundin. Wir waren so was wie Freunde“,
       sagt sie. Auf Anraten des Bankberaters hat die 67-jährige Rentnerin vor
       drei Jahren 15.000 Euro angelegt: „Jetzt sind 8.000 davon futsch!“
       
       Eigentlich wollte Molina nur einigermaßen ordentliche Zinsen. „Spekuliert
       oder Aktien gekauft habe ich nie“, sagt sie. Der Filialleiter schwätzte ihr
       Preferentes auf. Preferentes? Vorzugsanlagen? Für sie, eine einfache
       Putzfrau? Das klang gut und schmeichelte.
       
       Der Banker sprach von 6 Prozent Zinsen, das Geld könne sie
       selbstverständlich jederzeit abheben, es sei so etwas wie festangelegtes
       Sparguthaben, nur besser und ohne jegliches Risiko. „Alles schien perfekt,
       bis plötzlich mein Guthaben schrumpfte“, erinnert sie sich. Das war Ende
       2011.
       
       Erst waren es nur noch 12.000 Euro, jetzt gar nur noch 7.000. Was Molina
       nicht wusste: „Preferentes“ sind kein Festgeld, sondern ein „komplexes
       Produkt“. Es sind von der Bank ausgegebene Beteiligungen, die nicht an der
       Börse, sondern auf einem Parallelmarkt gehandelt werden.
       
       ## Die Rentabilität ist nicht sicher
       
       Die Anlage läuft nicht aus. Das Geld bekommt nur der zurück, der seine
       Preferentes weiterverkauft. Die Rentabilität ist nicht sicher, das
       Grundkapital nicht gewährleistet. Und im Falle des Bankrotts des fraglichen
       Finanzinstituts springt anders als bei Sparguthaben der Bankengarantiefonds
       nicht ein.
       
       Seit das spanische Finanzsystem in eine Schieflage geriet, ist der Markt
       für Preferentes zusammengebrochen. Der Wert der Anteile verfällt. Europa
       besteht darauf – und so steht es im Memorandum für die Bankenrettung –,
       dass die Inhaber von Preferentes bei der Sanierung Geld lassen müssen.
       
       Auch der 75-jährige pensionierte Pharmavertreter Antonio Gutiérrez hat
       Bankia-Preferentes gekauft. Auch er vertraute seinem Filialleiter, als er
       im Jahr 2004 120.000 Euro anlegte. „Es war unser Erspartes, um auch im
       Alter unabhängig zu sein, falls wir mal ins Pflegeheim müssen“, erzählt er.
       
       Im Jahr 2011 wollte er sein Geld zurück, erhielt aber nur die Möglichkeit,
       Preferentes gegen normale Aktien zu tauschen. Anfang Mai kollabierte der
       Zusammenschluss aus sieben Sparkassen rund um die Caja Madrid und wurde vom
       Staat übernommen. Daraufhin verlor Gutiérrez drei Viertel seines Geldes.
       
       ## Sammelklagen von 10.000 Geschädigten
       
       „Insgesamt wurden Preferentes für 26 Milliarden Euro an 710.000 Kunden
       verkauft“, weiß der Sprecher von Adicae, Javier Contreras. Der
       Verbraucherschutzverband Adicae bereitet Sammelklagen für bereits
       zehntausend Geschädigte vor.
       
       Die meisten Preferentes wurden nach 2007 verkauft. Damals brauchten die
       Banken und Sparkassen dringend Eigenkapital. Denn durch die Finanzkrise
       platzte auch in Spanien die Immobilienblase. „Was bis dahin ein Produkt für
       Großanleger mit Risikobereitschaft war, wurde jetzt einem breiten
       Kundenkreis verkauft“, berichtet Contreras.
       
       Es waren vor allem langjährige Kunden, fast nur Rentner, die geworben
       wurden. „Die meisten vertrauten dem Bankangestellten“, sagt Contreras. Es
       gebe Fälle von Blinden und Analphabeten, die ohne Beistand Preferentes
       gezeichnet haben.
       
       Adicae hat sich mehrmals an die Börsen- und Finanzmarktaufsicht (CNMV)
       gewandt, ohne Erfolg. „Die CNMV und die Spanische Zentralbank waren
       jahrelang so etwas wie der Unternehmerverband der Finanzinstitute, statt
       ihrer Aufsichtspflicht nachzukommen“, sagt Contreras.
       
       ## Wirtschaftliche Lage wegen Börsengang verschwiegen
       
       Dass Europa von Preferentes-Kunden verlangt, für die Sanierung der Banken
       und Kassen zu zahlen, versteht er nicht: „Wären es Großanleger, okay, aber
       nicht bei Opfern eines riesigen Betrugsmanövers.“ Adicae bereitet zwei
       Klagen vor: gegen die Ausgabe der Preferentes und gegen den Börsengang von
       Bankia.
       
       Denn diese habe ihre wirtschaftliche Lage verschwiegen, um erfolgreich an
       die Börse zu gehen. Eine unabhängige Buchprüfung erbrachte im Mai diesen
       Jahres, dass Bankia bankrott ist und 23 Milliarden zur Sanierung braucht.
       Ein Urteil von vergangener Woche macht den Preferentes-Anlegern Mut. Im
       nordwestspanischen Galicien gaben die Richter einem Betroffenen recht. Die
       Kasse Novagalicia muss ihm sein Geld zurückzahlen.
       
       18 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reiner Wandler
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Spanien
       
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