# taz.de -- Azubis gesucht: Abiturienten werden Handwerker
       
       > Noch gibt es mehr Jugendliche auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz
       > als freie Stellen. Doch die Unternehmen haben es zunehmend schwer,
       > Nachwuchs zu finden.
       
 (IMG) Bild: Nicht nur die Berliner Feuerwehr sucht dringend Auszubildende.
       
       Der Traum davon, als Feuerwehrmann oder -frau zu arbeiten, er ließe sich
       derzeit leicht verwirklichen. Denn die Berliner Feuerwehr sucht
       händeringend nach Auszubildenden für den mittleren und gehobenen
       feuerwehrtechnischen Dienst. „Die Zahl der Bewerbungen ist in diesem Jahr
       auffällig knapp. Normalerweise bekommen wir immer Unmengen davon“, sagt
       Feuerwehr-Sprecher Klaus-Dieter Weiß. Ihm fehle jegliche Erklärung für den
       ausbleibenden Ansturm auf die insgesamt 70 Stellen. Noch bleibt Zeit: Erst
       im März und April 2013 sollen die Azubis ihren Dienst beginnen.
       
       Für ausbildende Betriebe wie die Feuerwehr wird es in Berlin immer
       schwieriger, ausreichend geeigneten Nachwuchs zu finden: 5.818 offene
       Ausbildungsstellen in der Stadt vermeldete die Arbeitsagentur Ende Juni,
       das sind 1.000 mehr als vor zwei Jahren. Zwar übersteigt aktuell die Zahl
       der suchenden Jugendlichen mit 8.544 noch die der offenen Stellen. Doch
       „die Lücke schließt sich zunehmend“, sagt der Sprecher der Arbeitsagentur,
       Erik Benkendorf. In Berlin wirkten sich der doppelte Abiturjahrgang in
       diesem Jahr und die Vielzahl von Zuzügen aus dem Umland und anderen
       Bundesländern aus. Anderswo hat sich der Trend bereits umgekehrt: In
       Brandenburg gibt es derzeit 5.371 Suchende und 5.830 freie Stellen.
       
       So berichten zahlreiche Betriebe, dass sie ihre Rekrutierungsmaßnahmen
       intensivieren. „Wir machen jedes Jahr mehr“, sagt Michael Neuner vom
       Umzugsunternehmen Zapf, das momentan 40 Plätze, etwa als Berufskraftfahrer
       oder Fachlagerist, zu besetzen hat. Das bedeute: mehr Kooperationen mit
       Schulen, mehr Messestände und intensive Vorgespräche mit „nicht ganz so
       leichten Kandidaten“, wie es Neuner ausdrückt. „Unsere Ausbilder raten uns
       dann, bestimmten Interessenten trotz deren schlechter Schulzeugnisse eine
       Chance zu geben.“ Anders ginge es auch gar nicht, denn der Markt werde
       immer enger.
       
       ## Handwerker mit Smartphone
       
       Das gilt gleichermaßen für die Handwerksbetriebe, weswegen die Berliner
       Handwerkskammer eine Lehrstellenradar-App geschaltet hat. Jugendliche
       können sich im Netz ein Profil anlegen und erhalten dazu passende
       Jobangebote auf ihr Smartphone.
       
       Allerdings seien vielen Bewerbern die Anforderungen der einzelnen Berufe
       nicht bewusst, sagt die Leiterin des Referats Bildungsberatung der
       Handwerkskammer, Katharina Schumann: „Dass ein Auto heute nicht nur mehr
       aus einem Anlasser und einem Benzinmotor besteht, sondern zum Beispiel auch
       mit einer Klimaanlage ausgestattet ist, ist noch nicht bei allen Bewerbern
       angekommen.“ So gebe es in Berlin von Jahr zu Jahr mehr Handwerkslehrlinge
       mit Abitur, während schwächere SchülerInnen mit ihren Bewerbungen daran
       scheiterten, eigene Kompetenzen mit den Anforderungen des Wunschberufs zu
       vergleichen.
       
       Nicht nur über fehlende Fähigkeit zur Selbsteinschätzung klagen die
       Ausbildungsbetriebe. Das Pharmaunternehmen Bayer tut sich mit seiner Suche
       nach Azubis zunehmend schwer, weil die Leistungen vieler Bewerber die
       Erwartungen nicht erfüllen würden. „Hauptschulabsolventen haben große
       Schwierigkeiten mit den schriftlichen Eignungstests für Laborantenberufe“,
       sagt Firmensprecherin Ulrike Schröder. Diese Stellen könnten auch immer
       seltener mit AbsolventInnen des Mittleren Schulabschlusses besetzt werden.
       
       Die Klagen der Ausbilder über mangelnde Kenntnisse und Fertigkeiten der
       Bewerber sind altbekannt, weshalb die Hans-Böckler-Stiftung kürzlich deren
       Stichhaltigkeit untersucht hat. Ergebnis der Studie: „Die These eines
       Leistungsverfalls oder mangelnde ’Ausbildungsreife‘ der jüngeren
       Schülerkohorten ließ sich nicht bestätigen.“
       
       18 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sebastian Puschner
       
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