# taz.de -- Düsseldorfer Zelle vor Gericht: Im Grillanzünder fehlte das Hexamin
       
       > Die „Düsseldorfer Zelle“ wollte im Frühjahr 2011 eine Bombe bauen. Das
       > BKA vereitelte den Plan. Jetzt stehen die vier Islamisten vor Gericht.
       
 (IMG) Bild: Verwanzte Wohnung: Ermittler tragen im Frühjahr 2011 Beweise aus der Wohnung von einem der Verdächtigen.
       
       BERLIN taz | Die Grillanzünder taugten nichts. Dabei steht in den
       Anleitungen von al-Qaida, dass man aus den Dingern Hexamin für den
       Bombenkatalysator herauskochen kann, den sogenannten Initialsprengstoff.
       Doch mit den deutschen Grillanzündern, die die Gruppe um Abdeladim El-K. im
       Supermarkt gekauft hatte, klappte das nicht. In ihnen steckte kein Hexamin,
       sondern nur untaugliches Paraffin.
       
       Die „Düsseldorfer Zelle“ war nicht sehr weit gekommen mit ihren
       Experimenten in der Duschwanne eines Wohnhauses in Düsseldorf-Bilk, erster
       Stock. Wissen konnten das die Ermittler im Frühjahr 2011 nicht. Die Wanzen,
       die sie installiert hatten, bekamen nicht alles mit – die Männer drehten
       ständig den Fernseher laut. Was sie aber mitbekamen, beunruhigte die
       BKA-Beamten sehr.
       
       Nach einem Anschlag auf ein Touristencafé im marokkanischen Marrakesch mit
       17 Toten jubeln die Männer in Bilk. Ein anderes Mal übermitteln die Wanzen
       in der Witzelstraße den Ermittlern, wie die vier mutmaßlichen Terroristen
       darüber reden, in einen Koffer Metallteile zu packen. Eine Splitterbombe?
       Am 29. April 2011 werden Abdeladim El-K., Jamil S. und Amid C. in
       Düsseldorf und Bochum festgenommen, ein weiteres mutmaßliches Mitglied
       ihrer Zelle folgt später.
       
       Am Mittwoch beginnt nun vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht der Prozess
       gegen die vier Männer, die einen „aufsehenerregenden Terroranschlag in
       Deutschland“ geplant haben sollen, wie ihnen die Bundesanwaltschaft
       vorwirft – im Auftrag von al-Qaida.
       
       Zwar wurden in Deutschland schon vorher sieben islamistische Anschläge
       vereitelt oder sind gescheitert, darunter die der „Sauerlandgruppe“ und der
       „Kofferbomber“. Aber ein Terrorplot, hinter dem hochrangige Kader von
       al-Qaida im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet gesteckt haben sollen:
       Das gab es in Deutschland noch nie. Hintermänner sollen die
       Al-Qaida-Scheichs Atiyatallah al-Libi und Younis al-Mauretani gewesen sein,
       die von 2010 an auf die Suche nach Rekruten aus dem Westen gingen – und
       dabei auch Freiwillige aus Deutschland fanden.
       
       ## Mutmaßliche Al-Qaida-Terroristen
       
       Gegen die mutmaßliche Al-Qaida-Zelle in Bilk setzte das Bundeskriminalamt
       die Sonderkommission „Komet“ ein, sie schöpfte zum ersten Mal die neuen
       Befugnisse des BKA voll aus. Telefone wurden abgehört und Wohnungen
       verwanzt, E-Mails mitgelesen und Spähtrojaner auf Computern installiert.
       Ungeklärt ist aber, wie aus vier jungen Männern überhaupt mutmaßliche
       Al-Qaida-Terroristen werden konnten.
       
       Der Kopf der Gruppe, der Marokkaner Abdeladim El-K., 31, kam 2001 nach
       Deutschland und studierte Mechatronik in Bochum. 2009 wurde er wegen
       Fehlens zwangsexmatrikuliert. Im Januar 2010 soll El-K. dann in ein
       Ausbildungslager al-Qaidas im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet gereist
       sein. Er selbst bestritt das, die Ankläger sind aber sicher, das auch
       beweisen zu können. Nach ihrer Überzeugung hat er dort das Bombenbasteln
       gelernt – und wurde dann wieder nach Deutschland geschickt, um eine der
       Zellen zu gründen, die sich die beiden Al-Qaida-Scheichs gewünscht hatten.
       
       Im Mai 2010 soll Abdeladim El-K. zurückgereist sein und in
       Nordrhein-Westfalen drei junge Männer für seine Pläne gewonnen haben: einen
       Elektriker, einen Gymnasiasten und einen Studenten. Warum ließen sie sich
       zum Teil der mutmaßlichen Terrorzelle machen? Das wird eine der spannenden
       Fragen des Prozesses sein.
       
       Der Deutschiraner Amid C. war bei der Festnahme im April 2011 gerade mal 19
       Jahre und stand kurz vor dem Abitur – das er dann in der Untersuchungshaft
       ablegte. Der deutsch-marokkanische Elektriker Jamil S., 32, war seinen
       Nachbarn früher höchstens aufgefallen, weil er mal zu laut Musik hörte.
       
       ## Nur noch mit Perücke raus
       
       Abdeladim El-K. soll er bei der Beschaffung falscher Papiere geholfen
       haben, mit denen dieser nach einer Ausweisung Ende 2010 heimlich nach
       Deutschland zurückkehren konnte. Wenig später nahm ihn Jamil S. in seine
       Wohnung in Bilk auf – die die beiden dann in ihr Chemielabor verwandelt
       haben sollen. El-K. selbst ging nur noch mit Perücke raus.
       
       Halil S., ein isoliert lebender Maschinenbaustudent in Bochum mit Problemen
       an der Uni, gelang es nach der Festnahme der drei anderen noch fast ein
       halbes Jahr untergetaucht zu bleiben. Die Ermittler wussten zunächst nur,
       dass es wohl einen vierten Mann gab, aber nicht wer er war.
       
       Der heute 28-Jährige muss geahnt haben, dass die Polizei hinter ihm her
       war. Er kaufte sich einen Wanzendetektor und einen „Spy-Wecker“, der die
       eigene Wohnung filmt, falls jemand eindringen sollte, um dort
       herumzustöbern. Dennoch soll Halil S. die Pläne der drei weitergeführt und
       geplant haben, eine Pistole zu besorgen. Und er soll es ebenfalls geschafft
       haben, mit al-Qaida Kontakt aufzunehmen. Am 8. Dezember 2011 wird Halil S.
       mittags in seinem Wohnheim festgenommen.
       
       Nicht nur Osama Bin Laden ist inzwischen tot, auch einer der beiden
       mutmaßlichen Hintermänner der „Düsseldorfer Zelle“, Atiyatallah al-Libi,
       lebt nicht mehr. Der andere, Younis al-Mauretani, wurde unlängst in
       Pakistan festgenommen.
       
       21 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Wolf Schmidt
       
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