# taz.de -- Drehbuchaffäre um Doris Heinze: Schon irgendwie klar
       
       > Am dritten Verhandlungstag im Prozess gegen Doris Heinze gab sich die
       > frühere NDR-Fernsehfilmchefin erschütternd ahnungslos. Der Prozess wurde
       > bis Mitte September verlängert.
       
 (IMG) Bild: Die 63-jährige Doris Heinze hat unter Pseudonym geschrieben.
       
       HAMBURG taz | Worin unterscheidet sich öffentlich-rechtlicher Rundfunk vom
       privaten? Welche Verantwortung hat eine Redakteurin beim Norddeutschen
       Rundfunk (NDR) verglichen mit einer bei RTL oder Sat.1?
       
       Am dritten Verhandlungstag im Prozess gegen die ehemalige Fernsehchefin des
       NDR, Doris Heinze, ihren Ehemann Claus Strobel und die Münchner
       TV-Produzentin Heike Richter-Karst konnte Heinze, die sich seit dem 5. Juli
       wegen Bestechlichkeit in vier Fällen, schwerer Untreue in drei Fällen und
       Betrugs vor Gericht verantworten muss, diese Fragen des Vorsitzenden
       Richters Volker Bruns nicht befriedigend beantworten. Dabei hat sie in fast
       zwei Jahrzehnten beim NDR das fiktionale Unterhaltungsprogramm maßgeblich
       mitgeprägt.
       
       Äh, versuchte sie es, na ja, der Unterschied, also Information und Bildung
       – und warf ihrem Anwalt Gerd Benoit einen etwas hilflosen Blick zu. Sie
       sind hier nicht in der Schule, beruhigte der sie. Die naheliegende Antwort,
       dass es neben den auf Gewinne und Quoten ausgerichteten Sendern den
       Bildungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Fernsehens braucht, fiel ihr
       nicht ein. Wer, wenn nicht die leitenden Mitarbeiter des
       gebührenfinanzierten Systems, sollte dessen Sinnhaftigkeit erklären und
       auch verteidigen können?
       
       ## Besondere Verantwortung?
       
       Stattdessen sagte Heinze: „Mir war nicht klar, dass ich als Redakteurin bei
       einem öffentlich-rechtlichen Sender eine besondere Verantwortung hatte.“
       Oder: „Es gab klare Quotenvorgaben, und wir können mit teuren fiktionalen
       Stoffen nicht am Zuschauer vorbeiproduzieren.“ Oder: „Die
       Unterhaltungsprogramme von öffentlich-rechtlich und privat unterscheiden
       sich nicht – es ist dieselbe Arbeit, es sind die gleichen Autoren, die
       gleichen Schauspieler, die gleichen Produzenten.“
       
       Verantwortungsgefühl hat die 63-Jährige in den Jahren 2003 bis 2007 auch im
       Umgang mit Drehbüchern und dem Budget ihres Arbeitgebers vermissen lassen.
       Heinze gab zu, unter dem Namen Marie Funder selbst Drehbücher verfasst und
       dem eigenen Arbeitgeber für das volle Honorar verkauft zu haben – ohne ihr
       Pseudonym offenzulegen, denn als festangestellte Redakteurin hätte ihr nur
       die Hälfte zugestanden.
       
       Am Freitag sagte Heinze nun, es sei ihr schon irgendwie klar gewesen, dass
       das nicht ganz in Ordnung war, aber sie habe von keiner Verpflichtung zur
       Offenlegung von Pseudonymen gewusst. Dabei hätte sie es zumindest in ihrem
       Arbeitsvertrag nachlesen können, aus dem Richter Bruns ihr eine
       entsprechende Passage vorlas. Außerdem hat Heinze Drehbücher ihres Mannes
       Claus Strobel für den NDR verfilmt, die dieser unter dem Pseudonym Niklas
       Becker schrieb, ohne den Sender darüber zu informieren.
       
       ## Nichts gewusst
       
       Als erste Zeugin war am Freitag dann eine ehemalige Vorgesetzte von Heinze
       geladen. Verena Kulenkampff, die heutige Fernsehdirektorin des
       Westdeutschen Rundfunks, gab an, nichts von den Pseudonymen gewusst zu
       haben. Sie sei überhaupt nicht auf die Idee gekommen, dass ein Autor einen
       anderen Namen benutzen könnte. Damals hätte in den Verträgen auch nicht
       angegeben werden müssen, ob Autoren ein Pseudonym oder ihren Klarnamen
       verwendeten. Das habe sich erst mit der Heinze-Affäre in der gesamten ARD
       geändert.
       
       Heinzes Mann Strobel, wusste Kulenkampff, hätte unter Klarnamen keins
       seiner Drehbücher allein beim NDR unterbringen können. „Es ist nicht gut,
       wenn Herr Strobel für die Abteilung seiner Frau arbeitet“, sagte
       Kulenkampff. Schriftlich sei geregelt gewesen, dass er für jede
       ARD-Landesrundfunkanstalt arbeiten dürfe, solange der NDR nicht die
       inhaltliche Verantwortung habe.
       
       Der Prozess, der für Heinze mit mehrjähriger Haftstrafe enden könnte,
       dauert noch bis Ende September und nicht wie zunächst geplant bis Mitte
       August an.
       
       20 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ilka Kreutzträger
       
       ## TAGS
       
 (DIR) NDR
       
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