# taz.de -- Hitzestress: "Problem sind die Sommernächte"
       
       > Städte leiden besonders unter der Erderwärmung, erklärt der
       > TU-Klimaforscher Dieter Scherer: Sie weisen ohnehin höhere Temperaturen
       > auf als ihr Umland.
       
 (IMG) Bild: Bei dieser Hitze hilft nur noch eine kalte Dusche - egal wo.
       
       taz: Herr Scherer, Sie forschen zu Hitzewellen. Womit genau beschäftigen
       Sie sich da? 
       
       Dieter Scherer: Für uns definiert sich eine Hitzewelle nicht nur nach
       meteorologischen Maßstäben. Wir betrachten das Wetter im Hinblick auf
       Risiken, etwa die Mortalitätsraten.
       
       Daran, wie schlecht es den Leuten geht, messen Sie, wie schlimm die
       Hitzewelle ist? 
       
       Genau. Wir untersuchen, wie viel Hitzestress sie verursacht.
       
       Was genau ist das? 
       
       Das geht los mit harmlosen Dingen wie reduzierter Belastbarkeit und
       Konzentrationsschwäche – dadurch häufen sich etwa Unfälle. Dann kommen
       gesundheitliche Faktoren wie Kreislaufprobleme dazu, ambulante oder
       stationäre Behandlungen werden nötig. Dabei betrachten wir vor allem
       Risiken, die wir mit Daten belegen können: Krankenhausaufenthalte,
       Unfallstatistiken und Todesfälle. Was wir bisher nur schlecht messen
       können, aber aus volkswirtschaftlicher Sicht enorm interessant wäre, ist
       die reduzierte Arbeitsleistung.
       
       Eignet sich Berlin besonders gut für Ihre Forschung? 
       
       Das Klima Berlins ist hauptsächlich von seiner städtischen Struktur
       geprägt. Anderswo beeinflusst häufig auch die Geografie das Klima der
       Stadt: Stuttgart in seinem Kessel, Hamburg an der Küste. Das hat Berlin
       nicht. Es weist aber in Sommernächten regelmäßig mehr als 10 Grad höhere
       Temperaturen als das Umland auf.
       
       Kann man die Folgen des Klimawandels als Erstes in den Städten spüren? 
       
       Ja. Städte haben allgemein ein höheres Temperaturniveau als das Umland. Man
       muss zwar immer daran denken, dass Klimawandel mehr ist als nur Temperatur.
       Aber für diesen Faktor haben wir recht gute Daten. Bei den anderen
       relevanten Größen wie Strahlung, Feuchtigkeit oder Wind ist das viel
       schwieriger.
       
       Was können denn die einzelnen Stadtbewohner unternehmen, wenn die ersehnte
       Abkühlung ausbleibt? 
       
       Tagsüber ist es in den Städten durchaus nicht heißer im Umland, häufig
       sogar ein bisschen kühler. Darüber hinaus gibt es aber in der Stadt auch
       viele Möglichkeiten, sich aktiv zu schützen: Man geht ins Freibad oder ins
       klimatisierte Einkaufszentrum und entzieht sich den Belastungen. Das
       Problem sind vor allem die Sommernächte. Da muss man schlafen und kann sich
       gegen die Stadthitze kaum schützen. Wer schlecht schläft, regeneriert sich
       körperlich schlechter. Andererseits: Tagsüber gibt es in der Stadt auch
       viele Arbeitsplätze, wo es an Möglichkeiten fehlt, der Hitze zu entkommen.
       Die sind deshalb für uns auch ein wichtiges Thema.
       
       Was folgt daraus? Massiv in Klimaanlagen investieren? 
       
       Das ist weltweit die gängige technische Lösung. Aber da fachen wir den
       Energieverbrauch enorm an, derzeit vor allem den Verbrauch fossiler
       Energien – und damit auch den Klimawandel. So schließt sich der
       Teufelskreis.
       
       Gibt es andere Projekte, die mit Ihrem Vorhaben vergleichbar sind? 
       
       Es gibt einige, die sich mit Hitze in der Stadt beschäftigen. Unseres ist
       aber meines Wissens das einzige, das sich nicht ausschließlich mit der
       klimatologisch-meteorologischen Seite befasst, sondern auch mit der
       unterschiedlichen Gefährdung der Menschen. Außerdem betrachten wir explizit
       Städte der Mittelbreiten, die auch ausgeprägte Kältephasen haben. Und dass
       wir die Winter miteinbeziehen, ist ausschlaggebend für die Effizienz der
       Lösungen, die entwickelt werden.
       
       26 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Miriam Hauft
       
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