# taz.de -- Bayreuther Festspiele: Gespenster austreiben
       
       > Jonathan Meese soll im Jahr 2016 Wagners „Parsifal“ inszenieren. Ist das
       > eine mutige Entscheidung? Oder eher skurril und medienwirksam?
       
 (IMG) Bild: Bayreuth ruft: Jonathan Meese.
       
       Von all den Zukunftsplänen, die in Bayreuth vor der Premiere des
       „Fliegenden Holländers“ verkündet wurden, zündete eine Personalie am
       meisten: Jonathan Meese soll im Jahr 2016 Wagners „Parsifal“ inszenieren.
       Jener Jonathan Meese, der 2006 eine Skulptur „Parzifal“ nannte, einen
       gigantischen braun bemalten Kopf, dem Genitalien gleich am Kinn anwuchsen?
       Und dazu eine Wagner-Figur zwischen Kriegsgräbern zeigte? Ja, genau der.
       
       Opern inszeniert hat der Star des Kunstbetriebs zwar noch nicht, aber viel
       performt, Bühnenbilder gebaut, mit Martin Wuttke zusammen Nietzsche
       interpretiert. Trotzdem wird einem etwas bange bei der Vorstellung, er, der
       den Dilettantismus so schön zum Leuchten bringen kann, solle sich nun an
       eine Komposition halten, die keine ihrer Noten hergeben will.
       
       Ist das eine mutige Entscheidung der Schwestern Katharina Wagner und Eva
       Wagner-Pasquier? Wohl eher skurril und medienwirksam. Konsequent aber in
       der Fortsetzung, sich frischen Input von der Berliner Volksbühne zu
       versprechen. Meese hat dort schon oft gearbeitet, Frank Castorf inszeniert
       nächstes Jahr den „Ring“ in Bayreuth. Weil es bis 2016 noch eine Weile hin
       ist, könnte aber ein mehrstufiger Plan helfen, die Skurrilität in Sinn zu
       verwandeln. Etwa so:
       
       Stufe eins: Die Wagner-Schwestern machen einen Workshop bei Jonathan Meese,
       Arbeitstitel „Wie entschärfe ich den Hitler in mir“ und lernen, ohne Angst
       vor der Peinlichkeit mit der familiären Hitler-Nähe umzugehen. (Besuch
       einer Tattoo-Werkstatt fakultativ).
       
       Stufe zwei: Jonathan Meese macht einen Lehrgang beim Chor der Bayreuther
       Festspiele, die wissen, wie sich jede Note in Fleisch und Blut anfühlt. Es
       gilt, nach einer Vereinbarkeit der Verlaufsform der Musik Wagners und der
       Erregungskurven der Meeseschen Rhetorik zu suchen.
       
       Stufe drei: Meese sägt gern, seine Installationen leben vom Gewimmel der
       Fragmente, darunter viele vom Sockel geholte Helden und Götter. Das
       Bayreuther Festspielhaus ist aus Holz; im Feintuning des Vertrages zwischen
       Meese und Bayreuth muss festgelegt werden, wo er sägen darf und wo nicht.
       
       Stufe vier: Zu der Resterampe kultureller Zeichen, die Meese in seinen
       gigantischen Installationen verwendet, gehören Riesenpimmel, Hakenkreuze,
       Hitlergrüße. Es wird eine verbindliche Strichliste eingeführt, wie oft sie
       in der Inszenierung auftauchen dürfen. Da ist noch viel Luft für
       konstruktive Ideen.
       
       26 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Katrin Bettina Müller
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Jonathan Meese
 (DIR) Hitlergruß
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) „Parsifal“ 2016 braucht neue Regie: Meese zu teuer für Bayreuth
       
       Eigentlich sollte Jonathan Meese 2016 in Bayreuth den „Parsifal“
       inszenieren. Doch den Festspielen war sein Konzept schlichtweg zu teuer.
       
 (DIR) Jonathan Meese vor Gericht: Selbst schuld, wer’s ernst nimmt
       
       Ein Kasseler Gericht will's wissen: Hat der Künstler Jonathan Meese
       „Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ verwendet?
       
 (DIR) Bassbariton mit Nazi-Tattoo: Bayreuth hat keinen „Holländer“ mehr
       
       Bassbariton Evgeny Nikitin wird nicht bei den Wagner-Festspielen singen.
       Weil er ein Nazi-Tattoo auf der Brust trägt, sagte er seinen Auftritt ab -
       und Bayreuth sucht nach einem neuen Hauptsänger.