# taz.de -- Wissensstudie „Bildungsmonitor“: Pisaschock nur halb verdaut
       
       > Kinder von gebildeten Eltern gehen aus der Pisakrise gestärkt hervor, das
       > zeigt der „Bildungsmonitor“. Die Bildungsarmut bleibt dagegen ein
       > hartnäckiges Problem.
       
 (IMG) Bild: Wer in Deutschland was zu melden hat? Vor allem Akademikerkinder.
       
       BERLIN taz | Es gibt mehr Abiturienten und mehr Studenten in Deutschland.
       Die Zugewinne unter den Absolventen in Mathematik, Informatik,
       Naturwissenschaften und Technik (MINT) haben sich seit dem Jahr 2000
       verdoppelt. So steht es im „Bildungsmonitor 2012“, der am Mittwoch in
       Berlin vorgestellt wird und der taz exklusiv vorliegt.
       
       Trotz dieser guten Nachrichten aber bleibt das Zeugnis für das
       Bildungswesen widersprüchlich. Der Bildungsmonitor der Wirtschaftslobby
       „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ bestätigt: Die Bundesländer tun
       sich weiter schwer damit, die Zahl der Bildungsverlierer zu verringern. Das
       hatte im Juni auch der Bundesbildungsbericht gezeigt.
       
       Der Befund zieht sich durch alle Teilbereiche des Bildungswesens. Egal, ob
       es darum geht, die Zahl der Lese- und Rechenschwachen zu reduzieren, den
       Anteil der Kinder von Eltern ohne Schulabschluss in den Kitas zu erhöhen
       oder die harten Kerne der Bildungsarmut in Bremen, Hamburg oder Berlin
       aufzulösen. Die Politik kommt bei ihrer wichtigsten Aufgabe, den Pisaschock
       aus dem Jahr 2001 zu überwinden, nur im oberen Segment des Bildungswesens
       voran.
       
       Im Bildungsmonitor bewerten die Forscher 13 Handlungsfelder. Mit einem
       ausgeklügelten Punktesystem werden diese dann bewertet. Dabei sind Werte
       von „0“ bis „100“ möglich. „Gegenüber dem Vorjahr konnten besonders starke
       Verbesserungen in den Bereichen Akademisierung und MINT, Inputeffizienz,
       berufliche Bildung und Internationalisierung erreicht werden“, loben die
       wegen unklarer Faktoren oft kritisierten Gutachter des Kölner Instituts der
       Wirtschaft in der Zusammenfassung ihres 260-Seiten-Berichts.
       
       ## Spitzenwerte für die Akademisierung
       
       Insgesamt verbesserten sich laut den Berichten 2012 und 2011 die Länder bei
       der Akademisierung um 9 Punkte, in der effizienten Verwendung der Mittel
       und der Altersstruktur der Lehrer (Inputeffizienz) um 5,8 Punkte. Die
       Schulqualität steigt indes gar nicht, die Integration nur um 0,7 Punkte und
       die Bildungsarmut verringert sich lediglich um 1,5 Punkte. Unter
       Akademisierung verstehen die Gutachter die Quote der Studierenden sowie der
       Akademiker. Bildungsarmut drücken sie in der Zahl der Risikoschüler und der
       Schulabbrecher aus.
       
       Die Autoren kritisieren aber besonders, „dass die Ausbauziele der
       Bundesregierung in der Betreuungsinfrastruktur für unter Dreijährige nicht
       erreicht werden dürften“. Das sei aber entscheidend – etwa „für die
       Armutsgefährdung der Familien von Alleinerziehenden“. Nach Berechnungen des
       Instituts der Wirtschaft könnte die Anzahl armutsgefährdeter
       alleinerziehender Mütter um 50.000 sinken, wenn der Kitaausbau gelinge. Der
       Bildungsmonitor wird seit 2004 erhoben. Er beobachtet nicht den Status,
       sondern die Dynamik im Bildungssystem.
       
       Exemplarisch lässt sich die gespaltene Entwicklung am Bundesland Bremen
       verdeutlichen, das im Monitor 2012 einen Spitzenplatz einnimmt. Der
       Stadtstaat steht für stabil schlechte Pisaergebnisse – wird von der
       Wirtschaftslobby „Initiative Neuen Soziale Marktwirtschaft“ aber als
       deutsche Akademikerschmiede gefeiert, gerade für die wirtschaftsrelevanten
       MINT-Fächer.
       
       Ähnlich sieht es bei der Analyse der vorschulischen Bildung aus. Die Kölner
       Gutachter sehen große Unterschiede beim „Kindergartenbesuch in Abhängigkeit
       vom Bildungshintergrund der Mutter“. So schicken ein Drittel der Mütter
       ohne Abschluss ihr Kind nicht oder nur ein Jahr in den Kindergarten. Bei
       Müttern mit Hochschulexamen ist das anders: Nur 11 Prozent geben ihren
       Nachwuchs gar nicht oder nur ein Jahr in den Kindergarten. Das heißt: „Von
       den positiven Effekten des Ausbaus der frühkindlichen Förderinfrastruktur
       konnten Kinder aus bildungsnahen Haushalten stärker profitieren als Kinder
       aus bildungsfernen Haushalten“.
       
       14 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Füller
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Unesco
       
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