# taz.de -- Wie verkauft man das Flughafen-Chaos?: "Das ist alles nur Geschwätz"
       
       > Die BER-Aufsichtsräte haben nicht begriffen, welche Funktion sie haben,
       > sagt der Kommunikationsforscher Hans Matthias Kepplinger über deren
       > PR-Strategie.
       
 (IMG) Bild: Die Verantwortlichen fürs Flughafendesaster, am Donnerstagabend nach der Sitzung des Aufsichtsrats.
       
       taz: Herr Kepplinger, 
       
       Sie sitzen in Mainz, weit von Berlin entfernt. Ist das Chaos um den neuen
       Berliner Flughafen aus Ihrer Sicht ein Skandal? 
       
       Hans Christian Kepplinger: Im sozialwissenschaftlichen Sinne ist das kein
       Skandal. Es ist sicher einer der größten Missstände, die wir in diesem
       Bereich in den letzten Jahrzehnten bundesweit hatten. Die Empörung und die
       Schuldvorwürfe halten sich in engen Grenzen, wenn man das mit dem Skandal
       um Christian Wulff vergleicht. Da ging es um ein paar tausend Euro. Beim
       Berliner Flughafen geht es um mehrere hundert Millionen. Daran sieht man
       das ganze groteske Missverhältnis. Der Fall Wulff war zweifellos ein
       Skandal mit bundesweiter Empörung und entsprechender Medienresonanz. Der
       Flughafen ist nach meinem Eindruck nicht mal in Berlin ein richtiger
       Skandal.
       
       Woran liegt das? 
       
       Der entscheidende Grund ist, dass man Klaus Wowereit formal betrachtet
       keine persönliche Begünstigung nachweisen kann. Christian Wulff hat
       persönliche Vorteile aus den Unregelmäßigkeiten gezogen. Hier greift der
       Neid der Bevölkerung. Es wäre sinnvoll gewesen, Wowereit hätte besser in
       die Bücher geguckt. Auch hier hängt der Schaden, der eingetreten ist, mit
       seinem persönlichen Verhalten zusammen.
       
       Worin besteht die Kommunikationsstrategie der BER-Verantwortlichen? 
       
       Die Hauptstrategie besteht darin, die Dinge herunterzuspielen und die ganze
       Sache im Grunde als ein Zeit- und Finanzproblem zu betrachten. Das ist es
       zwar auch. Es ist aber vorrangig ein Problem der Kompetenz der beteiligten
       Personen.
       
       Was sind denn die größter Fehler auf Kommunikationsebene? 
       
       Die größten Fehler bestehen darin, dass die Mängel nicht hinreichend
       offengelegt wurden. Und dass die Personen, die dafür gerade stehen sollen,
       sich nicht rechtzeitig informiert haben. Wenn Herr Platzeck öffentlich
       erklärt, man müsse sich hier keine Vorwürfe machen, was die Vergangenheit
       betrifft, hat er bis heute nicht begriffen, was seine Funktion in diesen
       Gremien ist.
       
       Wowereit hat kürzlich gesagt, dass er für eine erneute
       Eröffnungsverschiebung aus technischen Gründen als
       Aufsichtsratsvorsitzender nichts könne. 
       
       Damit hat er sicher recht. Das entlastet ihn aber nicht von der
       Vernachlässigung seiner Pflichten in der Vergangenheit. Das ist rhetorisch
       sehr geschickt und erstaunlich, in welcher Weise vor allem auch politische
       Journalisten darauf hereinfallen.
       
       Wäre jetzt nicht ein guter Zeitpunkt, Fehler offen einzugestehen um damit
       das Vertrauen wiederherzustellen?
       
       Es wäre unbedingt notwendig, aber es geht nicht um Demut. Es geht um
       Einsicht. Die Verantwortlichen müssen zeigen, dass sie Einsicht haben in
       das, was vorher falsch gelaufen ist. Solange das nicht geschieht, ist alles
       nur Geschwätz.
       
       Wie steht es mit Rücktritten? 
       
       Das wichtigste ist, dass diejenigen, die hier Verantwortung tragen, die
       Karten erst mal auf den Tisch legen. Dann kann man fragen: Wer ist wirklich
       schuld? Im Verbotsirrtum zu handeln, kann jedem passieren. Aber wenn einer
       die Augen zugemacht hat, muss dieser Mensch den Hut nehmen. Egal, in
       welcher Position er ist.
       
       Halten Sie den Vorschlag der Piraten für sinnvoll, Aufsichtsratssitzungen
       künftig öffentlich abzuhalten? 
       
       Nein, denn wenn die Sitzung öffentlich ist, werden die besonders brisanten
       Informationen eben in dieser Sitzungen nicht offen gelegt. Was man aber
       erwarten kann, ist, dass am Ende einer solchen Sitzung mit kühlem Kopf die
       entscheidenden substanziellen Fakten der Öffentlichkeit präsentiert werden.
       
       19 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Johannes Kulms
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)
       
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