# taz.de -- Keine Jobs für Akademiker: Polen wandern gen Westen
       
       > Junge Ingenieure, Ärzte und Wissenschaftler packen ihre Koffer. In Polen
       > finden sie keine Arbeit. Eine Region im Nachbarland will nun mit
       > EU-Mitteln Abhilfe schaffen.
       
 (IMG) Bild: Die Universität von Breslau: Studieren und dann ab ins Ausland.
       
       WARSCHAU taz | Polens junge Elite hat die Faxen dicke. Nach dem Studium
       einen Arbeitsplatz zu finden wird immer schwieriger. Die Lösung für viele:
       auswandern. Tatsächlich packen immer mehr junge Ingenieure, Ärzte,
       Wissenschaftler und qualifizierte Facharbeiter die Koffer und verlassen
       Polen.
       
       Zielländer sind vor allem Großbritannien, die Niederlande, Deutschland und
       Norwegen. Experten schätzen, dass bereits rund 2,5 Millionen Polen ständig
       im Ausland leben. Tendenz: steigend. „Die meisten kommen nicht mehr nach
       Polen zurück“, erklärt die Migrationsexpertin Krystyna Iglicka von der
       privaten Lazarus-Universität in Warschau.
       
       Polen ist traditionell ein Auswanderungsland. Immer wieder hat es in der
       Geschichte große Auswanderungswellen gegeben. Doch es waren zumeist arme
       Menschen, die gingen, oder ab 1945 politische Gegner des kommunistischen
       Regimes.
       
       Heute aber kehrt Polens junge Elite dem Land den Rücken. Auch wenn
       Deutschland nicht mehr Zielland Nummer eins ist, sind doch im letzten Jahr
       über 173.000 Polen ins Nachbarland umgezogen. Polen stellen damit in
       Deutschland die größte Zuwanderergruppe aus EU-Ländern – noch vor Rumänen
       und Bulgaren.
       
       Als 2004 nach dem Beitritt Polens zur EU Länder wie Großbritannien, Irland
       und Schweden den Arbeitsmarkt öffneten, kannte die Begeisterung an der
       Weichsel keine Grenzen. Die Ausreise der jungen Leute war ausdrücklich
       erwünscht. Sie sollten ihren Horizont erweitern, eine neue Sprache lernen
       und sich neues Wissen aneignen. Zurück in Polen sollten sie mit innovativen
       Ideen Polens Wirtschaft modernisieren. Doch aus eigenem Antrieb kamen nur
       wenige zurück.
       
       ## Kaum Angebote für Rückkehrer
       
       Als polnische Politiker schließlich eine „Rückkehr“-Kampagne starteten,
       erwies sich diese als großer Flop. Denn für die Rückkehrer gab es weder
       qualifizierte Arbeitsplätze noch ein Existenzgründungprogramm noch
       Eingliederungshilfen. So packten viele von ihnen nach einigen Monaten
       erneut die Koffer und verließen das Land – diesmal für immer.
       
       Eine Region, die dies besonders stark spürt, ist die Wojewodschaft Opole
       (Oppeln) in Oberschlesien. In den letzten zehn Jahren ist die
       Bevölkerungszahl um sieben Prozent geschrumpft. Die Geburtenziffer ist mit
       statistischen 1,2 Kindern pro Frau eine der niedrigsten der Welt.
       
       Zudem haben 150.000 bis 200.000 Menschen die Region verlassen. Die Zahl der
       Arbeitslosen und Rentner steigt unaufhörlich. Demografen warnen davor, dass
       schon im Jahr 2030 ein Drittel aller Einwohner der Region von
       Sozialleistungen und Renten leben könnten.
       
       ## Anreize für junge Qualifizierte
       
       Nun soll für die Region Oppeln eine „spezielle demographische Zone“
       eingerichtet werden, die junge qualifizierte Polen und Polinnen mitsamt
       ihren Familien in Oberschlesien halten soll. Die einzelnen Maßnahmen:
       Krippen und Kindergärten mit verlängerten Öffnungszeiten, verbesserte
       Bildungsangebote für alle, Seniorenheime mit Arbeitsplätzen für Betreuer,
       Köche und Krankenschwestern, höher bezahlte Arbeitsplätze für Frauen.
       
       Die Verwaltung der Region Wojewodschaft Opole hofft, mit ihrem Konzept auch
       die EU überzeugen zu können. Denn ohne einen EU-Zuschuss zur „speziellen
       demographischen Zone“ wird sie kaum zustande kommen.
       
       22 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gabriele Lesser
       
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