# taz.de -- Kolumne Politik von Unten: Freistunden statt Religionsunterricht
       
       > Islamunterricht in der Schule? Klar, aber dann auch jüdisch und
       > hinduistisch und buddhistisch und Voodoo. Oder einfach Freistunden.
       
 (IMG) Bild: Allahs klar? Islamunterricht.
       
       Die Sommerferien sind vorbei, die Pendlerzüge wieder überfüllt, die
       Straßenbahnen morgens voll mit schlafwandelnden Jugendlichen. Wie schön,
       nach einer Reise wieder zu Hause zu sein: Endlich Zugriff haben auf den
       Gesamtbestand des Kleiderschranks. Endlich wieder Zeitung lesen in einer
       Sprache, die man beherrscht. Endlich wieder Nieselregen – ach nein, das nun
       doch nicht.
       
       Die Nachrichten sind die gleichen wie vor den Ferien: Euro, Syrien,
       Benzinpreise – aber doch, es gibt was Neues: islamischer
       Religionsunterricht als Lehrfach in einigen Schulen in Nordrhein-Westfalen.
       
       Ich weiß nicht so genau, ob ich mich für die muslimischen Kinder freuen
       soll. In der Schule habe ich den Religionsunterricht – in meinem Fall
       katholisch – gehasst. Ich stamme aus einer hinduistisch-katholischen
       Familie, in der Religion nicht besonders ernst genommen wurde. Als Baby
       wurde ich getauft, dann zogen wir nach Indien, wo ich als Hindu aufgezogen
       wurde, um dann nach unserer Rückkehr nach Deutschland nahtlos in den
       Kommunionsunterricht zu gehen. Mit vierzehn wählte ich Reli dann ab.
       
       Meine Haltung dazu ist, dass jeder nach seiner Wahl beten oder nicht beten
       kann und dass man Religiosität weder vorschreiben noch jemandem übelnehmen
       soll. Wenn jemand eine Moschee braucht zum Beten, bitteschön, von mir aus
       kann er gerne eine bauen, auch mit hohen Minaretten. Das sieht in jeder
       Skyline hübsch aus. Und wenn andere Leute unbedingt von einem Pfarrer
       getraut werden wollen, weil sonst die Heirat nicht wirklich gilt, klar,
       warum nicht? Und wer nicht beten möchte, muss auch nicht. Leben und leben
       lassen.
       
       Bei Kindern ist das aber so eine Sache. Wo hört die Information auf, wo
       fängt die Indoktrinierung an? Ich hätte als Kind lieber überkonfessionellen
       Religionsunterricht gehabt, oder besser noch Freistunden. Soll ich es nun
       begrüßen, wenn noch mehr Kinder in Deutschland schon von klein auf in
       kostbaren Schulstunden wissenschaftlich nicht haltbare Mythologien lernen?
       Egal ob es christliche, jüdische oder islamische Religion ist, oder
       meinetwegen Voodoo.
       
       Meines Erachtens ist es Sache der Familie, ein Kind in einer bestimmten
       Religion zu erziehen. Warum soll der Staat das erledigen? Der Staat hat
       dafür zu sorgen, den Kindern Rechnen, Schreiben und Lesen beizubringen
       sowie alles Notwendige zum Überleben in einer modernen Gesellschaft.
       
       Ich schätze es sehr, wenn Kinder systematisch über verschiedene Religionen
       und Rituale weltweit informiert werden. Aber nach Religionen geordneter
       Unterricht? Klar, wenn es christlichen Religionsunterricht gibt, dann auch
       islamischen, das ist nur fair. Und jüdisch und hinduistisch und
       buddhistisch und Voodoo. Aber Freistunden sind auch eine Lösung.
       
       24 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sheila Mysorekar
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Islamunterricht in NRW: Allah wird endlich eingeschult
       
       Bekenntnisorientierter Islamunterricht: Noch gibt es weder Lehrplan noch
       qualifiziertes Personal. Trotzdem spricht NRW-Schulministerin Löhrmann von
       einem „Signal“.
       
 (DIR) Kommentar Islamunterricht in NRW: Lieber gar kein Bekenntnis
       
       In NRW beginnt das neue Schuljahr und erstmals gibt es in Deutschland
       islamischen Religionsunterricht. Für die Integration ist das gut, aber es
       ginge noch besser.
       
 (DIR) Religionskunde statt religiöser Unterweisung: Muslime gegen Islamunterricht
       
       Entgegen anders lautenden Medienberichten wollen Hamburgs Muslim-Verbände
       den vertraglich vereinbarten gemischtkonfessionellen Religionsunterricht.
       
 (DIR) Kommentar Drei-Religionen-Schule: Das Konzept ist etwas dünn
       
       Mit der Drei-Religionen-Schule hat die Kirche einen Weg gefunden, den
       Daumen auf die religiöse Erziehung zu halten.