# taz.de -- Bergleute in Südafrika: Kein Trost von der Regierung
       
       > Die Bergleute, deren Kollegen vergangene Woche von Polizisten erschossen
       > wurden, stehen unter Schock. Mehr Lohn fordern sie dennoch - bislang ohne
       > Erfolg.
       
 (IMG) Bild: Allein gelassen: Angehörige toter Bergleute.
       
       MARIKANA taz | Dumpfer Gesang hallt über das weite, trockene Feld.
       Einwohner aus der Wellblechhütten-Siedlung des Nkaneng Townships bei
       Marikana pilgern unter einem Meer von bunten Regenschirmen zur
       Gedächtnisfeier für ihre toten Nachbarn. Die Hitze ist erbarmungslos.
       
       Ziegen fressen den verstreuten Hausmüll der verarmten Gemeinde. Am Horizont
       steigt dunkler Rauch aus dem Schornstein des Lonmin-Bergwerks, weltweit
       drittgrößter Platinproduzent. Ein weißes Trauerzelt ist aufgebaut. 44
       Menschen starben hier vergangene Woche in Auseinandersetzungen mit der
       Polizei. Der Schock über das Ende eines illegalen Streiks der Kumpel von
       Lonmin sitzt tief.
       
       Im Zelt spenden traditionelle Heiler, Kirchenführer und Regierungspolitiker
       Trost. Nosisa Qwasheles Augen füllen sich mit Tränen. Ihr Mann war mit den
       3.000 Kumpels zum Hügel gezogen. Er ist Maschinist und die Familie hat mit
       rund 4.000 Rand (ca. 400 Euro) drei Kinder zu ernähren. „Wir können uns
       keine gute Erziehung leisten“, klagt Qwashele. Sie sah, was am vergangenen
       Donnerstag am Hügel passierte: „Die Polizei schoss auf die Bergleute und
       die Männer rannten davon, verfolgt von Hubschraubern. Sie kreisten über
       unseren Hütten – es war furchtbar.“ Ihr Mann sitze im Schock zu Hause.
       
       Die meisten Arbeiter in Marikana stammen aus der ärmsten Region Südafrikas,
       dem Ostkap. Sie arbeiten tief untertage, bohren in engen, schlecht
       gesicherten Tunneln liegend das Gestein auf – für einen Hungerlohn.
       
       ## Mehr gewaltsame Konflikte
       
       Die sozialen Bedingungen der Armen in Südafrika haben sich unter der
       schwarzen, demokratischen Regierung nicht verändert. Immer häufiger gibt es
       gewaltsame Konflikte. In Marikana agieren zudem zwei Gewerkschaften, die
       sich gegenseitig Mitglieder abringen: Die vom Lonmin-Werk anerkannte
       Gewerkschaft NUM (National Union of Mineworkers) bildet mit dem
       Gewerkschaftsbund Südafrikas eine Allianz mit der Regierungspartei.
       Gegenüber steht die neu aufgekommene AMCU (Association of Mine Workers and
       Construction Union). Sie findet starken Zulauf.
       
       „Wir Arbeiter sind nicht gegeneinander“, sagt Phantu Phiri. Der 49jährige
       Bergmann arbeitet bei Lonmin und ist wie viele Kumpels frustriert. „Das
       Problem begann, als die Gewerkschaft NUM unsere Forderungen von 12.500 Rand
       Lohn pro Monat nicht anhörte. Sie nehmen uns nicht ernst. Und das
       Lonmin-Management spricht nicht mit uns.“ Aber AMCU hat sich der Sorgen
       angenommen und der illegale Streik begann.
       
       Auch Phiri saß letzten Donnerstag auf dem Hügel, bewaffnet mit einem
       Knobkerrie, einem langen Holzstock. Andere trugen Pangas, Macheten. Er
       meint, die Bergleute hätten nicht auf die angerückten Polizisten
       geschossen. „Die Polizei eröffnete das Feuer und ich sah neben mir Körper
       fallen. Wir rannten, aber sie schossen in den Rücken.“ Die Trauerfeier sei
       unnütz, schüttelt er den Kopf. Präsident Jacob Zuma solle abdanken und die
       Polizisten zur Verantwortung gezogen werden.
       
       Zuma hat die Untersuchung der dramatischen Ereignisse in Marikana
       eingeleitet. „Sie wird die Wahrheit ans Licht bringen“, sagt Collins
       Chabane, sein Minister im Präsidentenbüro. Er steht zwischen den schwarzen
       Luxuswagen der Politiker im schwarzen Anzug am Zelt. „Das Geschehene ist
       eine große Lehre für uns. Wenn das Gesetz beachtet worden wäre, hätte das
       Dama verhindert werden können.“ AMCU-Anhänger in grünen T-Shirts mit
       schwarzer Trauerschleife unterbrechen die Reden der Politiker und fordern
       mehr Lohn. „Wir wollen nicht wie Tiere behandelt werden, sondern wie
       menschliche Wesen.“ Die Minister verlassen stumm das Zelt.
       
       24 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martina Schwikowski
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Südafrika
       
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