# taz.de -- Enthauptungen in Afghanistan: Rätselraten um Taliban-Massaker
       
       > Taliban köpften Tanzende, hieß es zuerst. Nun tauchen Zweifel auf: War es
       > Mord an feiernden Männern und Frauen oder die Tötung von
       > Regierungsinformanten?
       
 (IMG) Bild: Der Schein trügt: Das Verhältnis zwischen Bevölkerung und Armee ist angespannt.
       
       BERLIN taz | Unklarheit herrscht über die Umstände, unter denen
       Talibankämpfer in Südafghanistan in der Nacht zu Montag 17 Menschen
       ermordet haben. Laut afghanischen Nachrichtenagenturen seien zwei oder drei
       Frauen unter den Toten.
       
       Die meisten Opfer seien erschossen, einige aber auch „enthauptet
       aufgefunden“ worden seien, sagte Daud Ahmadi, Sprecher des Gouverneurs der
       Provinz Helmand. Der Vorfall ereignete sich im Distrikt Musa Kala, etwa 75
       Kilometer nördlich der Provinzhauptstadt Laschkargah.
       
       Der Kabuler Fernsehsender Tolo zitierte einen örtlichen Stammesältesten,
       demzufolge die Taliban eine nächtliche Party überfallen hätten, bei der
       Frauen vor Männern getanzt hätten. Die New York Times berichtete hingegen
       unter Bezug auf den Distriktgouverneur, die Männer seien Informanten der
       Regierung gewesen und aus ihren Häusern verschleppt worden. Die getöteten
       Frauen hätten versucht, sich für sie einzusetzen.
       
       Unabhängig von den genauen Umständen widersprechen die Morde der Botschaft
       von Taliban-Chef Mulla Muhammad Omar jüngst zum Ende des Ramadan. Darin
       hatte er seine Kämpfer angewiesen, „Leben, Eigentum und Ehre“ von
       Zivilisten zu „schützen“. Informanten müssen dem schriftlichen
       Verhaltenskodex der Taliban zufolge vor ein islamisches Gericht gestellt
       werden; Enthauptungen sind verboten.
       
       Ebenfalls Sonntagnacht in Helmand, allerdings im Distrikt Waschir im Süden,
       griffen Taliban einen afghanischen Armeeposten an, töteten zehn Soldaten
       und verletzten vier weitere; fünf sind vermisst. Laut Ahmadi hätten die
       Vermissten eventuell Verbindungen zu den Taliban unterhalten und diese bei
       dem Überfall unterstützt. In diesem Jahr wurden bisher 35 Fälle mit 53
       Toten registriert, in denen afghanische Soldaten oder Polizisten eigene
       Kollegen umbrachten.
       
       Die Taliban-Aktivitäten in Helmand lassen Behauptungen des US-Militärs in
       anderem Licht erscheinen, dass die Aufständischen dort als Folge der 2009
       von Präsident Barack Obama angeordneten Truppenaufstockung in ihren
       Hochburgen erheblich geschwächt worden seien. Erst vor wenigen Tagen
       veröffentlichte der kritische US-Blog Wired interne Pentagon-Angaben, nach
       denen sechs der zehn gefährlichsten Distrikte Afghanistans unverändert in
       Helmand lägen. Musa Kala gehört dazu.
       
       In der Provinz Laghman, im Osten des Landes, erschoss unterdessen ein
       afghanischer Soldat am Montag zwei US-Soldaten und wurde dann selbst
       erschossen.
       
       27 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Thomas Ruttig
       
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