# taz.de -- Republikaner-Parteitag in Florida: It's the seniors, stupid!
       
       > In Florida werden die Alten die Wahl entscheiden. Üblicherweise wählen
       > sie eher konservativ. Jetzt wollen die Republikaner genau bei ihnen
       > sparen.
       
 (IMG) Bild: Cheryl Poister, 62, war früher Lehrerin und kümmert sich jetzt um den Garten der Occupy-Pensacola-Aktivisten.
       
       TAMPA taz | Ja, er habe vielleicht Falten, ziemlich viele sogar. Aber alt?
       „Alter hat doch nichts mit einer Zahl zu tun“, sagt Jeff, grinst, zwinkert
       und tänzelt wie zur Bestätigung ein bisschen auf dem Bürgersteig herum,
       Hüftschwung inklusive. Salsa, das mag er immer noch, auch mit 78. Per
       Definition macht ihn diese Zahl zu einem alten Menschen, zu einem der etwa
       3,4 Millionen Senioren in Florida.
       
       Jeff Nichols lebt seit 13 Jahren in Tampa, war vorher Automechaniker in der
       Nähe von Detroit, dann irgendwo in Nebraska, später auch in Seattle. Jetzt
       sitzt er auf einer Bank mitten in der schwülen Hitze Floridas und sagt so
       Sätze wie „alt werden muss man sowieso, warum nicht in der Sonne?“ und „Es
       gibt schlimmeres, als in Florida zu sterben.“
       
       Ans Sterben denkt er aber noch nicht, dafür ist es viel zu früh – „und
       außerdem kommt vorher ja noch die Präsidentschaftswahl“, sagt er. Wie immer
       wird er wählen, keine Frage. Er hat sein Kreuz schon mal bei den Demokraten
       gemacht, auch mal bei den Republikanern. Und dieses Mal? Keine Ahnung.
       Damit ist der stämmige Mann mit Glatze und weißen Bartstoppeln der
       klassische Wechselwähler, und einer von denen, die aus Florida einen Swing
       State machen. Also einen der Bundesstaaten, die nicht vorhersehbar an die
       ein oder andere Partei gehen.
       
       ## Ein ziemliches Dilemma
       
       Für die Republikaner ist Florida ein ziemliches Dilemma: Sie haben hier
       viele Anhänger – aber sie sind gerade dabei, einen großen Teil davon zu
       vergraulen. Vor allem deshalb, weil Paul Ryan, Anwärter für das Amt des
       Vize-Präsidenten, harte Sparvorschläge angekündigt hat. Und die treffen
       auch die Älteren in Florida. Hier im sonnigen Süden der USA leben mehr alte
       Menschen als in irgendeinem anderen Staat in den USA, knapp ein Viertel der
       Bevölkerung sind Senioren, jenseits der 65, die traditionell eher wählen
       gehen als andere Altersgruppen. Potenziell sind es konservative Wähler –
       was die Republikaner freut.
       
       Dass die Republikaner nun ausgerechnet bei ihr sparen wollen, das freut
       Cheryl überhaupt nicht. Sie ist aus Pensacola, einer Stadt ganz im
       Nord-Westen des Staates, gleich an der Grenze zu Alabama, und kam mit einer
       Gruppe von Occupy-Aktivisten nach Tampa zum Parteitag der Republikaner.
       Seit Tagen lebt sie in einem Zelt und läuft tagsüber mit
       Anti-Romney-Plakaten ausgestattet durch die Straßen. Cheryl Poister ist 62,
       wohnt seit fünf Jahren in Florida und regt sich furchtbar auf: „Als
       Seniorin wähle ich natürlich Obama, was für eine Frage“. Sie ist vor der
       Mittagshitze in einen kleinen Buchladen geflohen. Dort blättert sie in
       einem vergilbten Bildband über Tampa.
       
       „Noch geht es mir gut, ich bin gesund und habe bis auf die üblichen
       Zipperlein keine gesundheitlichen Probleme“, sagt sie. Aber was machen die
       anderen? Diejenigen, denen es nicht mehr so gut geht? Die vielleicht nicht
       viel Geld haben? „Ich habe mein Leben lang Steuern gezahlt – ich finde, ich
       habe ein Recht darauf, mir im Alter um meine Gesundheit keine Sorgen machen
       zu müssen.“
       
       ## Steuersenkungen für Reiche
       
       Wenn es nach Paul Ryan geht, dann sollen die Gesundheitsprogramme für
       Ältere und Geringverdiener teilprivatisiert und durch ein Gutscheinsystem
       ersetzt werden. Es soll Steuersenkungen für Reiche geben, die
       Militärausgaben sollen steigen. „Auch wenn ich nicht mit allem
       einverstanden bin, was Präsident Obama in den letzten vier Jahren gemacht
       hat – die Republikaner kommen für mich aus 1.000 Gründen nicht in Frage.“
       
       Dass auch Barack Obama im Gesundheitsbereich sparen will – und anders als
       Paul Ryan schon innerhalb der kommenden zwei Jahre, nicht erst in den
       nächsten 20 – das spielt für Cheryl bei all dem keine Rolle. Ihre Meinung
       steht fest, da können die Republikaner auf ihrem Parteitag reden und
       diskutieren und überzeugen, was sie wollen.
       
       Das tun sie auch, nur ein paar Blocks von dem kleinen Buchladen entfernt.
       Im Tampa Bay Forum, einer Arena direkt am Wasser, sprechen sie über ihre
       Strategie, um im November die Wahl zu gewinnen. In erster Linie aber feiern
       sie sich selbst.
       
       Dass der Nominierungsparteitag der Republikaner ausgerechnet in Florida
       stattfindet, ist wohl kein Zufall. Die Partei hofft, dass die permanente
       Medienpräsenz die vielen unentschiedenen Wähler überzeugt, ihr Kreuz am
       Ende doch noch bei den Republikanern zu machen. 2008 hat Obama hier nur mit
       ganz knapper Mehrheit gewonnen, die letzten Umfragen sehen ihn leicht vorn,
       aber das kann sich bis November noch ändern.
       
       „Ich werde mir jetzt mal anhören, was Mitt Romney und seine Kollegen hier
       in den kommenden Tagen so zu sagen hat“, sagt Jeff Nichols, der ehemalige
       Automechaniker. Dann werde er sich entscheiden, wer am 6. November seine
       Stimme bekommt. „Hauptsache, wir Senioren kommen dabei nicht schlecht weg.“
       
       29 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Steffi Dobmeier
       
       ## TAGS
       
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