# taz.de -- Protest gegen Veggie-Gerichte an Unis: Nicht schon wieder Linsensalat
       
       > Vegetarische Menüs werden an Unis beliebter. Aber in manchen Mensen
       > protestieren Fleischesser – auch mit geschmacklosen Slogans.
       
 (IMG) Bild: Auch Fleischesser kommen inzwischen auf den Geschmack: vegetarisches Essen an der Mensa FU I.
       
       BERLIN taz | Wer seine Mittagspause in der Mensa FU I verbringt, hat die
       Auswahl: Linsensalat mit Ananas und Minze oder Meerrettichcremesuppe,
       Tessiner Pilzrisotto oder Eierpfannkuchen mit Apfel-Rosinen-Kompott,
       Obstsalat mit Sahnehaube oder Pflaumenquark. Nur Steak und Schnitzel sucht
       man hier vergeblich. Auf dem Campus der Freien Universität Berlin steht
       seit Anfang 2010 die erste vegetarische Mensa Deutschlands.
       
       Auch in seinen anderen Mensen ist das Berliner Studentenwerk ausgesprochen
       vegetarisch: 70 Prozent der angebotenen Speisen sind fleischlos. Doch es
       regt sich Widerstand gegen die vermeintliche „Bevormundung durch die
       Pflanzenfresser“: Eine Gruppe namens „Liste gegen die Veggie-Mensa“ hat es
       mit Slogans wie „Fresst eure Körner doch alleine“ sogar ins
       Studierendenparlament geschafft. Schon zum zweiten Mal.
       
       Auf dem Wahlplakat der Gruppe sind Jesus, Willy Brandt, Nelson Mandela und
       der Vegetarier Adolf Hitler zu sehen, darüber der Satz: „Finde den
       Vegetarier!“ Das Veggie-Angebot sei zu teuer und würde nicht satt machen,
       die Mensa sei im Zuge des Umbaus unnötig verkleinert worden, der Weg zu
       einer Alternativeinrichtung sei zu lang, protestiert die Gruppe.
       
       Solche Konflikte ums Essen an den Hochschulen sind nicht ungewöhnlich:
       Schließlich finden sich gerade unter jungen, formal hochgebildeten Menschen
       überdurchschnittlich viele Vegetarier. Das zeigt eine Studie der Uni Jena.
       Die Studentenwerke haben darauf reagiert.
       
       Laut dem Dachverband deutscher Studentenwerke gibt es in nahezu jeder Mensa
       ein vegetarisches Gericht, oft sogar mehrere. In Hannover werden genauso
       viele vegetarische wie fleischhaltige Gerichte angeboten. In Köln kommt
       sogar täglich ein veganes Gericht auf den Tisch. In München gibt es die
       „Grüne Linie“. Das sind vegetarische oder vegane Gerichte zum Festpreis von
       einem Euro, deren Zutaten vorwiegend aus regionaler Produktion stammen.
       
       Einige Studentenwerke gehen weiter und veranstalten einmal im Semester
       „Veggie-Days“, komplett fleischlose Tage. „Es gibt kein Grundrecht auf
       Schnitzel“, sagt Stefan Grob, Sprecher des Deutschen Studentenwerks, der
       das Werben der Mensen um mehr Vegetarismus ausdrücklich unterstützt.
       „Einmal im Semester auf Fleisch zu verzichten, kann nicht zu viel verlangt
       sein.“
       
       ## Die Widerständler schwächeln
       
       Das sehen einige Fleischverzehrer unter den Studenten anders. Auch in
       Leipzig hatte sich die Lage Ende 2010 zugespitzt. Studenten hatten dort vor
       der Mensa Protest-Würstchen gegrillt und eine Petition gegen die
       Fleischlosigkeit gestartet. Doch so richtig erfolgreich waren die
       Widerständler nicht. Die Leipziger Petition wurde 75-mal unterzeichnet, ein
       spontan aufgesetztes Gegenpapier konnte viel mehr Unterstützer gewinnen.
       
       In Freiburg, wo es ebenfalls einen solchen vegetarischen Tag gibt, sind
       inzwischen auch die Fleischesser auf den Geschmack gekommen. Am Anfang
       seien die Gästezahlen zum „Veggie-Day“ eingebrochen, sagt Renate Heyberger
       vom Freiburger Studentenwerk, die Fleischesser gingen offenbar statt in die
       Mensa zur Döner-Bude. Inzwischen kommen aber auch immer mehr von ihnen, um
       die vegetarischen Gerichte auszuprobieren.
       
       Auch die „Liste gegen die Veggie-Mensa“ an der FU Berlin verliert
       Unterstützer. Bei der letzen Wahl zum Studierendenparlament konnten die
       Anti-Vegetarier nur noch etwa halb so viele Stimmen verbuchen wie noch im
       Jahr davor.
       
       2 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lars-Ole Müller
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Konsum
 (DIR) Wahlkampf
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Streit um Mensa-Resteessen: Vom Band in den Mund
       
       „Bändern“ ist Containern in der Uni-Mensa. In Freiburg wurde untersagt,
       sich übriggebliebenes Essen direkt vom Rückgabeband zu nehmen.
       
 (DIR) Der sonntaz-Streit: „Fleisch muss Luxus sein“
       
       Der Veggie Day ist eine gesundheitspolitische Notwendigkeit, findet
       Moderatorin Sonya Kraus. Rainer Brüderle findet den Vorschlag lachhaft.
       
 (DIR) Debatte Gastrokritik: Abschied vom Kalbsbries
       
       Die Feier des Leichenessens passt nicht ins 21. Jahrhundert. Doch die
       traditionelle Gastrokritik begegnet der veganen Avantgarde ignorant.
       
 (DIR) Vegetarisches Abc: K wie Körnerfresser
       
       Apfel, Banane, Citrus. Das vegetarische Alphabet über Gemüse-Mythen und
       vegetarische Schimpfwörter zum Weltvegetariertag.
       
 (DIR) McDonald's rein vegetarisch: Burger mit Kartoffelklops, bitte
       
       Bei Fast-Food-Ketten gibt es nur Burger und Chicken Nuggets. Das kauft in
       Indien aber keiner. Deshalb verbannt McDonald's nun Fleisch aus zwei seiner
       neuen Filialen.
       
 (DIR) Umfrage unter westdeutschen Schülern: Studieren in Fernost
       
       Die Mauer in den Köpfen ist noch da – auch bei jungen Leuten. Nur 13
       Prozent der westdeutschen Schüler und Abiturienten wollen für ein Studium
       nach Ostdeutschland.