# taz.de -- Paralympics-Leichtathlet über Prothesen: „Ich kann da nicht mithalten“
       
       > Der deutsche Paralympics-Sprinter und -Springer Woitek Czyz über die
       > mangelhafte Klassifizierung der Athleten, Chancengleichheit und
       > Prothesen.
       
 (IMG) Bild: „Es sind die besten Paralympics, bei denen ich je war,“ sagt der deutsche Weitspringer Wojtek Czyz.
       
       taz: Herr Czyz, Sie haben sich im Weitsprung Silber geholt. Aber am Samstag
       wollten Sie nach Ihrem vierten Platz über 200 Meter mit niemandem reden.
       Soll man Sie feiern oder enttäuscht sein? 
       
       Wojtek Czyz: (lacht) Das können Sie machen, wie Sie wollen.
       
       Sie sind ja nun schon viele Jahre dabei – 2004 gewannen Sie zum ersten Mal
       paralympisches Gold. Wird es eigentlich mit jedem Mal schwerer? 
       
       Es gibt Niveauveränderungen – ohne Frage. Heute gibt es nur noch Sportler,
       die wissen, worum es hier geht. Die frühere Haltung „Wir gehen mal ein
       bisschen joggen“ gibt es kaum noch. Natürlich ist es auch schwerer, wenn
       man ein bisschen älter wird.
       
       Hat sich auch im Training etwas verändert? Sie waren ja schon Ende der
       90er-Jahre dabei. 
       
       Also mit dem Training im Fußball zum Beispiel ist es gar nicht zu
       vergleichen.
       
       Sie waren ja vor Ihrer folgenschweren Verletzung auf dem Weg, Fußballprofi
       zu werden. 
       
       Im Fußball trainiert man als Mannschaft. Wenn man mal einen schlechten Tag
       hat, hilft einem normalerweise der Spieler rechts oder links nebenan. Bei
       der Leichtathletik ist man auf sich alleine gestellt. Bei den 100 Metern
       lauft man stets gegen die Uhr und ist auf sich alleine gestellt. Daran
       musste ich mich erst mal gewöhnen. Auf den Weitsprung habe ich mich sehr
       lange vorbereitet. Das, was der Markus gesprungen ist …
       
       … Markus Rehm, der Sieger im Weitsprung, der im Gegesatz zu Ihnen unter dem
       Knie amputiert ist. 
       
       Das ist für mich gar nicht möglich als Oberschenkelamputierter. Aber ich
       bin mit meiner Medaille glücklich, weil ich weiß, dass es das Beste ist,
       was man als Oberschenkelamputierter erreichen kann.
       
       Sie sind mit der Zusammenlegung der verschiedenen Amputationenklassen also
       nicht glücklich? 
       
       Die Zusammenlegung ist stupide. Ich kann da nicht mithalten. Deshalb freue
       ich mich schon auf die 100 Meter am Mittwoch, wo ich mich nur mit in meiner
       Kategorie messe. Die Sportler sind inzwischen alle Profis, aber es fehlt
       einfach noch an der Professionalisierung der Organisation. Die
       Entscheidungen, die da getroffen wurden, sind weder für die Athleten noch
       für die Zuschauer gut. Michael Teuber (der Radsportler, d. Red.) hat ja
       auch schon gesagt, dass er die die Schnauze voll hat.
       
       Und dann gibt es da noch die Debatte, die Oscar Pistorius am Sonntag
       angezettelt hat. 
       
       Ich habe das gesehen. Da laufen manche mit Prothesen rum, die bis zum
       Oberschenkel gehen, und gewinnen dann Gold. Wenn Veränderungen der Prothese
       zum Vorteil führen, ist das der falsche Weg. Ich gebe Pistorius da
       vollkommen recht. Richard Whitehead, der Sieger über 200 Meter, hat nichts
       mit uns zu tun – auch wenn ich ihn als Athlet anerkenne. Wenn an der
       Klassifizierung nichts geändert wird, kann der die nächsten zehn Jahre
       alleine laufen.
       
       Wird man Sie in Rio sehen? 
       
       Man weiß, wann es genug ist. Ich mache noch ein Jahr weiter, das war’s
       dann. Ich bin sehr froh, dass ich hier noch mal in allen drei Disziplinen
       angetreten bin und bereits eine Medaille für mich und das deutsche Team
       gewonnen habe.
       
       Wie ist London, verglichen mit den anderen paralympischen Spielen? 
       
       Es sind die besten Paralympics, bei denen ich je war. Die Stimmung ist
       unglaublich, auch die Achtung und Anerkennung, die wir bekommen – auch in
       Deutschland.
       
       Wird Ihr Sport in Deutschland genug unterstützt? 
       
       Ich würde mir wünschen, dass wir so eine Unterstützung wie die Briten
       kriegen. Hier wurden den Athleten unglaubliche Beträge zur Verfügung
       gestellt. Das sieht man dann natürlich im Medaillenspiegel.
       
       Markus Rehm hat eine Agentur, die seine Homepage fast täglich erneuert. Ihr
       Blog wurde seit dem 24. Juli nicht aktualisiert. Erst am Montag haben Sie
       ein erstes Update geschrieben. 
       
       Das ist nicht so eine Priorität für mich. Ich will das auch selbst in der
       Hand behalten. Aber ausgewählte Freunde und Bekannte lesen täglich von mir
       auf Facebook.
       
       4 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Zylbersztajn
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
       
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