# taz.de -- Mitbestimmung bei ZDFneo: Gescheiterter Laborversuch
       
       > In seinem „TV Lab“ ließ ZDFneo zum zweiten Mal die Zuschauer über ein
       > neues Format abstimmen. Die Auswahl war mehr als dürftig.
       
 (IMG) Bild: Sieht aus wie „Family Guy“, „American Dad“ und Co.: „Deutsches Fleisch“, der Sieger im „TV Lab“.
       
       Eine gute Idee sollte man pfleglich behandeln. Jedenfalls sollte man seine
       Einfälle nicht so zugrunde richten, wie ZDFneo es dieses Jahr mit seinem
       „TVLab“ tat. Beim „TVLab“ können die ZuschauerInnen eine Woche lang – jeden
       Tag wird ein Wettbewerbsbeitrag ausgestrahlt – online über sieben
       Pilotsendungen abstimmen, das Siegerformat geht bei ZDFneo in Serie.
       
       Basisdemokratisches Mitmachfernsehen, eine nette Idee, wo ja sowieso alle
       irgendwie Social Media sein wollen. Und die Premiere im letzten Jahr
       brachte mit Tedros Teclebrahns „Teddy’s Show“ immerhin einen Gewinner
       hervor, der die schwierige Abteilung Comedy mit seinen Parodien auf die
       deutsche Integrationsgesellschaft tatsächlich ein bisschen intelligenter
       und lustiger machte.
       
       Beim diesjährigen „TVLab“, das am vergangenen Samstag mit der animierten
       Cartoon-Serie „Deutsches Fleisch“ seinen Sieger fand, schien den Machern
       ihr Gespür für Formate mit Potenzial leider ein wenig abhandengekommen zu
       sein. Da konnte man bei „Kampfansage“ (Platz zwei) jeweils zwei
       KandidatInnen bei belanglosen Spielchen (Marshmellow-Wettessen,
       Wettschminken) zusehen, als Gewinn gab es ein Käsebrot. Sich selbst bloß
       nicht zu ernst nehmen zu wollen ist zwar schwer in Mode, geht aber auch
       kreativer.
       
       Auch die drei Profiköche Chakall, Shane und Frank alias die „Beef Chefs“
       (Platz drei) konnte und sollte man nicht so ganz ernst nehmen, wie sie da
       testosteronschwanger auf irgendeiner Alm herumstolperten und sich ihr
       Abendbrot (ein Maibock, drei Bachforellen) zusammenschießen und ausweiden
       sollten.
       
       ## Auch Sex muss sein
       
       Selbstverständlich nicht fehlen durfte auch noch ein trashiger Sextalk
       (Platz vier) namens „Heiß & Fettig“. Wer scharf auf ein bisschen
       Fremdschämen war, konnte in Einspielerfilmchen zwei Showgästen beim
       Ausprobieren von Masturbationshilfen zusehen. Natürlich sah man nie
       wirklich etwas – außer dass den beiden das ganze Untenrumding irgendwie
       auch ziemlich peinlich war.
       
       Am Siegerformat „Deutsches Fleisch“, einer satirischen Cartoon-Serie über
       vier Freunde an einer Imbissbude, ist das Spannendste die Idee. Deutsches
       Fleisch? „Man hätte es auch deutsche Substanz nennen können“, erklärt Ilja
       Schmuschkowitz, neben Willy Kramer einer der beiden Autoren des Formats.
       
       Das hätte gut werden können: Eine gesellschaftskritische Cartoon-Serie, so
       etwas musste man bisher – „Simpsons“, „South Park“, „Family Guy“ – immer
       aus Amerika importieren.
       
       „Deutsches Fleisch“ fällt zu Beginn leider bloß ein, sich noch mal darüber
       zu amüsieren, dass es in der DDR keine Bananen und angeblich, hihi, auch
       keine Pornoheftchen gab. Später moderiert eine Rudi-Carell-Karikatur eine
       „Herzblatt“-Parodie.
       
       Wenn das die dringlich zu persiflierende „deutsche Substanz“ sein soll,
       hätte man ruhig fünf Minuten mehr überlegen dürfen. Und leider kommt auch
       der Humor – ein „Furz-o-meter“, ein onanierender „Sesamstraßen“-Samson –
       über pubertäres Fäkalniveau oft nicht hinaus.
       
       ## Selbst ZDFneo scheint die Lust an der Veranstaltung vergangen zu sein
       
       Auf dem letzten Platz landete mit „Der Protagonist“ übrigens ein recht
       simples Format, das aber 28 wohltuende Minuten gänzlich ohne Fleisch, Sex
       und Fäkalwitze auskam. Dafür gab’s ein hörenswertes Interview von Jörg
       Thadeusz mit dem Geldfälscher Hans Jürgen Kuhl.
       
       Am Ende schien selbst ZDFneo die Lust an der Veranstaltung vergangen zu
       sein: Die Verkündung des Siegerformats erfolgte Samstagnachmittag nur
       online, erst am Sonntagabend wurde das Ganze noch mal im Fernsehen
       ausgestrahlt – um 23.25 Uhr.
       
       Die Pressemitteilung mit dem entsprechenden Programmhinweis folgte am
       Montag. Manchmal, hat man sich beim ZDF vielleicht gedacht, ist es besser,
       wenn man Dinge einfach mal ganz schnell vergisst.
       
       5 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anna Klöpper
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Musikshow „TV Noir“: Die Macht der Note
       
       Auch in der neuen Staffel von „TV Noir“ (Freitag, 23 Uhr, ZDFkultur)
       empfängt Tex Drieschner wieder mal mehr, mal weniger bekannte Musiker.
       
 (DIR) Reportage „Wild Germany“: Peinliche Pausen
       
       „Wild Germany“ (Donnerstag, 23 Uhr, ZDFneo) ist trotz überambitionierter
       Moderation authentisch. Manuel Möglich besucht unter anderem die
       Reeperbahn.
       
 (DIR) Neue Sitcoms auf ZDFneo: Böse, albern und vulgär
       
       ZDFneo will die Generation Internet zurück vor die Glotze locken - mit
       jungen britischen Sitcoms. Donnerstags zeigt der Digitalkanal "How Not to
       Live Your Life - Volle Peilung".