# taz.de -- Unabhängigkeit des Kosovo: Souverän im Aufbau
       
       > Das Kosovo ist seit Montag ein vollständig unabhängiger Staat und fast
       > für sich selbst verantwortlich. Die Regierung freut sich auf die
       > „Normalisierung“.
       
 (IMG) Bild: Flaggenunterricht: Die Lehrerin Luljeta Rama erklärt ihren Schulkindern das nationale Symbol ihres Landes.
       
       PRISHTINA taz | Mehr als vier Jahre nach der Unabhängigkeitserklärung wird
       das Kosovo ein souveräner Staat. Jetzt geht es nicht mehr um Symbole, es
       geht um Entscheidungen. Nach der Auflösung des International Civilian
       Office ICO unter Leitung des Holländers Piether Feith haben der Staat
       Kosovo und die Regierung nun tatsächlich viele Kompetenzen.
       
       Der Regierung ist es gelungen, die wichtigsten Bestimmungen des
       Ahtisaari-Plans umzusetzen. Nach dem Krieg im damaligen Jugoslawien wurde
       Kosovo 1999 unter Verwaltungshoheit der UN gestellt, die den ehemaligen
       finnischen Präsidenten Martti Ahtisaari als Vermittler im Konflikt zwischen
       Kosovo und Serbien schickten. Ahtisaari hatte in seinem Plan zur Befriedung
       die Bedingung gestellt, den serbischen Gemeinden im Kosovo weitgehende
       Zugeständnisse zu machen.
       
       Heute hat sich die Lage in den südlichen serbischen Gemeinden entspannt. Es
       gibt keine Zwischenfälle mehr, ein großer Teil der Serben hat sich mit dem
       Leben im neuen Staat Kosovo abgefunden. Drei Minister der Regierung von
       Ministerpräsident Hashim Thaci sind Serben.
       
       Nur die Serbengebiete im Norden machen noch Probleme. Die direkt an Serbien
       grenzenden Gebiete haben bisher jegliche Zusammenarbeit mit internationalen
       Institutionen und damit auch der Regierung in Prishtina verhindert. Das ICO
       sollte ursprünglich auch die Integration dieser Gebiete durchsetzen, ist
       aber gescheitert. Pieter Feith hat seine Mission also nicht vollständig
       durchgesetzt.
       
       Jetzt muss sich die Regierung Kosovos mit diesem Problem herumschlagen und
       einen Modus Vivendi mit den Serben Nordkosovos finden. Der Schlüssel zur
       Lösung des Konflikts liegt nach wie vor in Belgrad, doch Serbien erkennt
       die Unabhängigkeit seiner ehemaligen Provinz nicht an. Die EU macht jedoch
       die Normalisierung der Beziehungen zwischen beiden Ländern zur
       Voraussetzung für einen Beitritt Serbiens in die EU.
       
       ## Regierenden sind zuversichtlich
       
       In der Regierung des Kosovo herrscht dennoch Zuversicht. Nach all den
       Jahren „haben wir es geschafft, demokratische Institutionen aufzubauen,
       einen Staat von der Basis her zu schaffen“, sagt Außenminister Enver
       Hoxhaj. „Wir haben zum Beispiel das Erziehungssystem von unten neu
       aufgebaut, wir sind nicht wie die anderen Staaten Exjugoslawiens mit der
       Transformation der alten Institutionen belastet“, sagt Hoxhaj. „Das ist ein
       Vorteil für uns.“
       
       Der ehemalige Menschenrechtsaktivist und Professor freut sich, dass die
       „kontrollierte“ Unabhängigkeit jetzt ein Ende gefunden hat. „Wir sind jetzt
       selbst für uns verantwortlich, wir treten in eine neue Etappe ein. Jetzt
       geht es nicht mehr um die Erfüllung des Ahtisaari-Plans, sondern um die
       Normalisierung nach innen und außen, um die Annäherung an die EU zu
       erreichen.“
       
       Jetzt könne endlich die wirtschaftliche Entwicklung vorangetrieben werden,
       die Behörden und Institutionen aufgebaut und modernisiert werden, sagt
       Sabri Kiqmari, der Botschafter des Landes in Österreich. Und sogar der
       skeptische Oppositionelle und Intellektuelle Shkelzen Maliqi sieht trotz
       vieler Fehlentwicklungen und Schwierigkeiten Licht am Ende des Tunnels. Er
       fordert: „Wir brauchen noch Zeit, 5 oder 10 Jahre, um ein normaler Staat zu
       werden, die neue gut ausgebildete Generation muss die Dinge in die Hand
       nehmen.“
       
       10 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Erich Rathfelder
       
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