# taz.de -- Strom: Dem Senat fehlt Energie
       
       > Diese Woche diskutiert das Abgeordnetenhaus, warum das
       > Energievolksbegehren abgelehnt wurde - es sind fragwürdige Gründe.
       
 (IMG) Bild: "Neue Energie für Berlin" wollten die InitiatorInnen des Volksbegehrens.
       
       Das muss Sybille von Obernitz jetzt nicht mehr erklären: Unter der Ägide
       der Ex-Wirtschaftssenatorin lehnte der Senat das Volksbegehren „Neue
       Energie für Berlin“ ab. Die sechsseitige Vorlage aus ihrem Haus ist
       allerdings nicht nur uninspiriert, sie geht außerdem von fragwürdigen
       Unterstellungen aus. Am Donnerstag debattiert das Abgeordentenhaus erstmals
       über das Thema.
       
       Außer der CDU bejahen alle Fraktionen die Ziele des Begehrens. Seine
       Initiatoren wollen, dass Berlin grüne Stadtwerke und eine
       Netzbetreibergesellschaft gründet. „Eine echte Energiewende kann nur
       gelingen, wenn der öffentliche Einfluss erhöht wird“, heißt es zum
       vorgelegten Gesetzentwurf.
       
       Dieser würde das Land zu „aktiver Sozialpolitik“ verpflichten, begründet
       hier die Senatsverwaltung für Wirtschaft ihre Ablehnung. Das Volksbegehren
       schreibe den Stadtwerken vor, einkommensabhängige Stromtarife einzuführen.
       Solche wiederum würden Kunden anziehen, „die vergünstigte Angebote
       erwarten“; eine teure Querfinanzierung aus dem Landeshaushalt wäre die
       Folge.
       
       Dumm nur: In dem Gesetzentwurf ist nirgends von einkommensabhängigen
       Tarifen die Rede. Zwar sollen die Stadtwerke „Energiearmut entgegenwirken“.
       Doch dies bedeute vor allem, dass keinem Kunden der Strom abgestellt werden
       darf, wenn er seine Rechnung nicht bezahlt hat, sagt Stefan Taschner von
       der Initative Berliner Energietisch, die das Begehren initiiert hat. Das
       Szenario ist realistisch: 2011 stellten Stromanbieter bundesweit 200.000
       Hartv-IV-Empfängern den Strom ab, weil diese Rechnungen nicht begleichen
       konnten.
       
       Darüber hinaus fegte von Obernitz alle demokratiepolitischen Innovationen
       des Volksbegehrens vom Tisch: Dieses will, dass Berlin seine Stadtwerke und
       Netzbetreibergesellschaft als Anstalten des öffentlichen Rechts konzipiert,
       in der nicht nur Senatsvertreter, sondern vor allem direkt gewählte
       Bürgervertreter sowie Beschäftigte von Stadtwerken und
       Betreibergesellschaft das Sagen haben. Sieben Beschäftigte, zwei Senatoren
       und sechs Bürgervertreter sollen den Verwaltungsrat bilden. Jeder Berliner,
       der älter ist als 16 Jahre und seit mindestens drei Monaten in der Stadt
       lebt, darf diesen alle fünf Jahre wählen und damit Einfluss auf die
       Berliner Energiepolitik ausüben. Zusätzlich können Bürger Initiativen in
       den Verwaltungsrat einbringen sowie Kundenbefragungen und öffentliche
       Versammlungen erzwingen, wenn sie 3.000 beziehungsweise 5.000
       Unterschriften sammeln.
       
       Dem Senat ist das zuviel Demokratie: Das angestrebte Verfahren sei
       „unangemessen aufwendig“. Sechs Verwaltungsräte direkt wählen zu lassen,
       stünde „außer Verhältnis zum Zweck einer Steigerung der demokratischen
       Legitimation“. Mit anderen Worten: Der Murks, den Regierungsmitglieder im
       Flughafen- und Messeaufsichtsrat derzeit zu verantworten haben, gibt keinen
       Anlass, über neue Wege zur Besetzung derartiger Gremien nachzudenken.
       
       10 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sebastian Puschner
       
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