# taz.de -- Justiz: Körperverletzung im Namen der Schönheit
       
       > Ein Chirurg wird vom Amtsgericht zu einer Bewährungsstrafe von elf
       > Monaten verurteilt.
       
 (IMG) Bild: Pfefferspray sprühte die Verurteilte in die Wunden ihrer Mitbewohnerin.
       
       Seine Patientinnen überzeugte er mit seiner ruhigen Art, Bedenken gegen die
       Eingriffe wischte er beiseite. „Er kam supersympathisch rüber“, sagt Ina J.
       über den Schönheitschirurgen Manuel H. Nach einem mehrmonatigen Leidensweg
       sorgte Ina J. mit drei weiteren Frauen dafür, dass der 46-Jährige sich vor
       dem Amtsgericht Tiergarten verantworten musste.
       
       Dort konnte der Mediziner weniger überzeugen: Zwar blieben von den
       ursprünglich angeklagten fünf Fällen der fahrlässigen Körperverletzung nur
       noch drei übrig – diese reichten jedoch für eine Strafe von elf Monaten
       Haft zur Bewährung. Zusätzlich muss der Arzt 25.000 Euro an zwei Opfer
       zahlen.
       
       Es ist ein ungewöhnlich hartes Urteil. Häufig kommen pfuschende Ärzte mit
       einem Freispruch davon, oder das Verfahren wird eingestellt, falls ein
       stattliches Schmerzensgeld fließt. Das liegt daran, dass die Richter
       abwägen müssen, ob es sich um eine grobe Pflichtverletzung handelt oder um
       einen sogenannten „schicksalhaften Verlauf“ des Eingriffs. Da man, so ein
       Zeuge, in der Medizin jede Frage mit „Ja“ beantworten müsse, die mit „Kann
       es sein, dass“ beginnt, sei es schwierig, dieses „Schicksal“
       auszuschließen. Auch diesmal war es dem Gericht in zwei der angeklagten
       Fälle nicht möglich.
       
       Allerdings konnte man dem Arzt nachweisen, eine rheumatisch vorerkrankte
       Frau nicht genügend aufgeklärt zu haben, weshalb das Gericht diesen Fall
       als Straftat wertete. Eine dritte Zeugin war gar nicht vor Gericht
       erschienen, dieser Fall wurde eingestellt.
       
       Der Fall Ina J. ließ dem Gericht aufgrund akribischer Vorher-Nachher-Fotos
       keinen Raum für Zweifel. Bei ihrer Brustvergrößerung hatte der Arzt die
       Taschen nicht richtig verschlossen, so dass das Implantat nach wenigen
       Tagen herauszurutschen drohte. Die Zeugin erlitt eine Blutvergiftung: „Ich
       sah aus wie Quasimodo, nur dass ich den Buckel auf der Brust hatte.“
       
       Eine Korrektur-Operation führte aufgrund desselben Fehlers zum selben
       Ergebnis. Obendrein verwandte der Arzt kein neues Implantat. „Da schreien
       die Bakterien vor Freude“, so ein Kollege des Angeklagten.
       
       In seinem Urteil kreidete das Gericht dem überschuldeten Mediziner zudem
       an, ohne Haftpflichtversicherung gearbeitet zu haben. Außerdem war er vor
       fünf Jahren bereits wegen desselben Delikts zu einer Geldstrafe von 5.400
       Euro verurteilt worden: Damals wäre eine von Manuel H. behandelte Frau fast
       gestorben.
       
       Ein Berufsverbot verhängte das Amtsgericht Tiergarten dennoch nicht: In
       diesem Fall müsste man nicht nur von groben Pflichtverletzungen ausgehen,
       sondern auch von einer Fortsetzung der Straftaten. Da der nun in Bayern
       praktizierende Arzt in den letzten vier Jahren aber nicht angezeigt worden
       war, konnte man nur eine Bewährungsstrafe aussprechen.
       
       11 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Uta Eisenhardt
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) JUSTIZ: "Ich war eine Art Natascha Kampusch"
       
       Eine 72-Jährige quält ihre Mitbewohnerin jahrelang. Dafür erhält sie eine
       Bewährungsstrafe.