# taz.de -- Gesetzliche Krankenversicherung: Ein Kuhhandel namens Zufall
       
       > Der Gesundheitsminister stoppt die Reform des Finanzausgleichs - zur
       > Freude der Techniker Krankenkasse. Die will plötzlich Prämien
       > ausschütten.
       
 (IMG) Bild: Gestoppte Reform: Minister Bahr pfiff das Bundesversicherungsamt zurück.
       
       BERLIN taz | Es war ein Erfolg für den Bundesgesundheitsminister Daniel
       Bahr (FDP): Am Dienstag hatte die Techniker Krankenkasse (TK), Deutschlands
       zweitgrößte gesetzliche Krankenversicherung, angekündigt, ihren sechs
       Millionen Mitgliedern ab 2013 Geldprämien auszuschütten. Die Beitragszahler
       sollten damit teilhaben an den milliardenschweren Überschüssen, die die
       Kassen horten. Bahr gerierte sich als durchsetzungsstarker Politiker: eine
       seiner lautstarken Forderungen hatte scheinbar Gehör gefunden.
       
       Jetzt aber gibt es Hinweise darauf, dass nicht ausschließlich politische
       Überzeugungskraft zum plötzlichen Einlenken der TK geführt haben könnte.
       Vielmehr deutet manches darauf hin, dass der Minister nachgeholfen haben
       könnte, eine Win-win-Situation zu schaffen und so der TK ihre Entscheidung
       schmackhaft zu machen.
       
       Am 28. August, exakt drei Wochen bevor sich die TK zur Prämienausschüttung
       entschloss, ließ Bahr überraschend und per Weisung an das
       Bundesversicherungsamt (BVA) eine seit Monaten vorbereitete Reform des
       Risikostrukturausgleichs (RSA) stoppen, also des Finanzausgleichs zwischen
       den Kassen – zugunsten der TK.
       
       Die Reform sollte einen systematischen Fehler bei der statistischen
       Bewertung von Krankheitskosten im letzten Jahr vor dem Tod korrigieren.
       Dies hätte die TK finanziell arg getroffen. Der Grund: Die bisherige
       Berechnungsformel benachteiligt, vereinfacht gesagt, Kassen wie die AOK
       oder die Barmer GEK, die besonders viele Alte und Sterbende versichern. Und
       begünstigt Kassen mit vielen jungen und gesunden Mitgliedern – Kassen wie
       die TK. Das wollte das zuständige BVA ab 2013 ändern.
       
       ## Die Reform gilt als überfällig
       
       Mit Schreiben vom 17. August 2012, das der taz vorliegt, teilte der
       BVA-Präsident Maximilian Gaßner dem Ministerium mit: „Die Umstellung
       entspricht einer Anpassung an die internationalen Standards.“ Ziel sei
       „eine richtige Abbildung von Krankheitskosten“.
       
       Die Reform gilt in Kassenkreisen als überfällig. Vorausgegangen waren
       wissenschaftliche Gutachten und ein Evaluationsbericht. Umso mehr
       überrascht der Ton, mit dem Bahrs Ministerium das BVA am 28. August 2012
       zurückpfiff: „Sehr geehrter Herr Dr. Gaßner, hiermit weise ich Sie an, das
       Berechnungsverfahren zum Umgang mit unvollständigen Versichertenepisoden in
       den (…) Festlegungen von Morbiditätsgruppen, Zuordnungsalgorithmus und
       Berechnungsverfahren für das Ausgleichsjahr 2013 nicht zu ändern.“
       
       Die Techniker Krankenkasse wie das Bundesgesundheitsministerium wiesen am
       Donnerstag „jeglichen Verdacht eines Kuhhandels“ empört zurück. Die Reform
       des Risikostrukturausgleichs sei deswegen gestoppt worden, erklärte ein
       Ministeriumssprecher, weil die Gutachten „keinen unmittelbaren
       Handlungsbedarf aufgezeigt“ hätten. Das Ministerium wolle den RSA nun zu
       einem späteren Zeitpunkt „im Gesamtpaket“ nachjustieren.
       
       20 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Heike Haarhoff
       
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