# taz.de -- Streit der Woche: Der Islam und der Westen
       
       > Meinungsfreiheit gegen das Bewahren des öffentlichen Friedens: Sind
       > Mohammed-Karikaturen Ausdruck westlicher Arroganz?
       
 (IMG) Bild: Ist das lustig? Die umstrittene Ausgabe der französischen Satire-Zeitung „Charlie Hebdo“.
       
       Papier und Stift können ganz harmlos sein. Sie können aber auch Leben
       kosten. Während hunderttausende Menschen weltweit gegen das in den USA
       produzierte Schmäh-Video über den Islam protestieren, hat das Terrornetz
       al-Qaida dazu aufgerufen, US-Botschaften zu stürmen. Der Chefredakteur des
       französischen Satireblatts Charlie Hebdo fasst hingegen einen gewagten
       Entschluss.
       
       Inmitten der Unruhen, bei denen bereits Menschen starben, publizierte er am
       vergangenen Mittwoch Karikaturen von Mohammed, die ihn nackt oder als
       Unruhestifter zeigen. Aus Angst vor möglichen Anschlägen, schloss die
       französische Regierung vorsorglich zahlreiche französische Institute
       weltweit. Polizisten sicherten die Büros des Satireblatts. Chefredakteur
       Charbonnier steht unter Polizeischutz. Die Diskussion um die Zulässigkeit
       dieser Karikaturen kocht hoch.
       
       Außenminister Guido Westerwelle (FDP) wandte sich gegen die
       Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen in europäischen
       Satirezeitschriften. Zur Freiheit gehöre immer auch Verantwortung, sagt
       Westerwelle. „Manchmal lautet die Frage nicht, ob man etwas tun darf.
       Sondern ob man etwas tun sollte.“
       
       Chefredakteur Stéphane Charbonnier verteidigt die Abdrucke der Karikaturen.
       Eine Karikatur habe noch nie getötet, sagte er dem Nachrichtenmagazin Der
       Spiegel. Die Auflage von 70.000 Charlie Hebdo-Exemplaren war innerhalb von
       Minuten ausverkauft, inzwischen wurde eine zweite gedruckt. Kritiker
       interpretierten Charbonniers Entscheidung als Strategie der
       Auflagensteigerung.
       
       ## Respekt versus Pressefreiheit
       
       Der Generalsekretär des demokratischen Gewerkschaftsbundes, Francois
       Chérèque, warf dem Satiremagazin vor, „Öl ins Feuer zu gießen“, während die
       „Leute in unserem Land in Frieden leben wollen.“ Auch der
       Grünen-Europaabgeordnete Daniel Cohn-Bendit verurteilte die
       Veröffentlichung: „Wenn man auf einem Pulverfass sitzt, hat man die
       Möglichkeit, 30 Sekunden nachzudenken, bevor man ein Streichholz anzündet.“
       
       Bei dem Streit geht es nicht nur um Pressefreiheit, sondern auch um Respekt
       vor Religion. Strenggläubige Muslime empfinden es als anstößig, den
       Propheten Mohammed als Person zu zeigen. Sie bezeichnen die Karikaturen als
       Gotteslästerung. Einige riefen zu Gewalt auf. „Diese Karikaturen geben den
       Extremisten Argumente“, sagte der Rektor der Pariser Moschee, Dalil
       Boubakeur, und rief vor dem Freitagsgebet zur Ruhe auf.
       
       Der Chef der Arabischen Liga, Nabil Elarabi, bezeichnete die neuen
       Karikaturen als abscheulich. Dennoch sollten die, die sich beleidigt
       fühlten, ihren Unmut friedlich zum Ausdruck bringen. Tunesiens regierende
       Ennahda-Partei sprach von einem „Akt der Aggression“ gegen Mohammed. Aber
       auch sie mahnte Muslime, nicht in eine Falle zu stolpern, die „den
       Arabischen Frühling aus der Bahn bringen und in einen Konflikt mit dem
       Westen“ verwandeln wolle.
       
       ## Provokation und Protest
       
       Bereits in der Vergangenheit gab es ähnliche Fälle, die immer die gleichen
       Reaktionen hervorriefen: Karikaturen von Mohammed, Protest, Boykott, Gewalt
       und Grundsatzdebatten über die Grenzen der Pressefreiheit. So hatte Charlie
       Hebdo im Jahr 2011 mit einer Sonderausgabe zur Scharia provoziert. Als
       Reaktion darauf wurden im November 2011 die Redaktionsräume in Flammen
       gesetzt.
       
       Als die dänische Zeitung Jyllands Posten im September 2005 Karikaturen von
       Mohammed veröffentlichte, die ihn mit Bombe und Turban zeigten, kam es in
       mehreren islamischen Ländern Anfang 2006 zu schweren anti-westlichen
       Ausschreitungen. Bei den Protesten kamen mehrere Menschen ums Leben.
       
       Mit dem Abdruck der neuen Karikaturen befindet sich die Debatte auf einem
       neuen Höhepunkt: Die einen verteidigen die Pressefreiheit, das Recht der
       Satire, sie kritisieren die Humorlosigkeit einiger Muslime und die
       Umkehrung der Rollen von Täter und Opfer. Andere sprechen von medialer
       Verantwortung, von Blasphemie, Respekt vor Religion und vom Bewahren des
       öffentlichen Friedens.
       
       Müssen Medien Verantwortung zeigen? Muss man Rücksicht auf eine handvoll
       gewaltbereiter Extremisten nehmen? Darf man einknicken und das lang
       erkämpfte Recht der Meinungsfreiheit einfach aufgeben?
       
       Was meinen Sie: Sind Mohammed-Karikaturen Ausdruck westlicher Arroganz?
       
       Beziehen Sie Stellung! Die taz wählt unter den interessantesten Kommentaren
       ein oder zwei aus und veröffentlicht sie im Wochenendmagazin sonntaz. Der
       Kommentar sollte etwa 900 Zeichen umfassen und mit dem Namen und der
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       uns bis Mittwochmittag eine Mail an: [1][streit@taz.de]
       
       25 Sep 2012
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /streit@taz.de
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jasmin Kalarickal
       
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