# taz.de -- DIE WAHRHEIT: Showtreppe Afghanistan
       
       > Der Erfinder der modernen deutschen Frontunterhaltung ist Gunter Gabriel.
       
       Der Erfinder der modernen deutschen Frontunterhaltung ist Gunter Gabriel.
       Noch heute berichten Soldaten mit Tränen in den Augen von Gabriels
       Kosovo-Auftritt im Jahre 2001, bei der er auf die Melodie von „House of the
       rising sun“ sang: „Da steht ein Haus im Kosovo, das ist zerbombt und leer,
       doch die Jungs aus good old Germany stellen es wieder her.“
       
       Allerdings geht die Fama, dass GG und seine Musiker sich hinterher mit den
       Soldaten dermaßen gnadenlos die Kante gegeben hätten, dass man aus
       ordnungspolitischen und militärhygienischen Gründen darauf verzichtete, ihn
       noch mal an die Front einzuladen. Aber immerhin, ein Neuanfang war gemacht
       – nach den öden kriegslosen Jahrzehnten, in denen man das heitere
       Truppentralala kampflos der amerikanischen Armee und der gut geölten
       Hollywood-Unterhaltungsmaschinerie überlassen hatte.
       
       Noch in den Vierzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts war das ganz
       anders – da war es gang und gäbe, dass deutsche Stars und Sternchen den
       deutschen Soldaten kurz hinterm Schlachtfeld die Zeit verkürzten.
       
       Ob Ilse Werner, Bernhard Minetti, Gustav Gründgens, Heinz Erhardt, Willy
       Millowitsch – alle leisteten ihren Beitrag zur Unterstützung der kämpfenden
       Truppen. Danach allerdings – so circa ab Spätfrühling 1945 – hatten in
       Deutschland sowohl die Institution Krieg wie auch die damit verbundene
       kulturelle Truppenbetreuung einen überraschend schlechten Ruf.
       
       Die Folge: Kein Soldat wollte mehr ins Ausland, kein Künstler musste ihm
       hinterherreisen. No risk, no fun. Aber das ist nun vorbei. Die deutsche
       Armee ist „on the road again“, und auch die Musiker, Komiker und
       Schauspieler gehen wieder mit auf Tournee: Xavier Naidoo, Kurt Krömer, Til
       Schweiger, Peter Maffay, die No Angels, Clemens Schick, Hans-Werner Olm –
       die Liste ist lang.
       
       Mal abgesehen von den vielen zweit- und drittklassigen Bands und
       Witzeerzählern, die alle unentgeltlich, nur für Spesen, Ruhm, Ehre und
       selbstverständlich auch für das Vaterland auftreten. Schön auch, wie
       reflektiert viele Künstler die Motive für ihren Kriegseinsatz darstellen.
       Xavier Naidoo: „Ich hab Zivildienst geleistet und keine Bundeswehr gemacht,
       und so hab ich auch nochmal ’ne Chance, was für mein Land zu tun.“
       
       Und Naidoo ist nicht der Einzige, der sich mit Behindertenbetreuung oder
       Senioren-Arschabwischen davor gedrückt hat, etwas Sinnvolles für sein Land
       zu tun. Auch Til Schweiger ist so einer: Er geht zwar zunächst zum Bund,
       dann fällt ihm aber ein, dass das doch nicht so tofte ist, also verweigert
       er nachträglich und bummelt seinen Zivildienst ganz gemütlich und entspannt
       in einem Krankenhaus ab.
       
       Jetzt aber hat er alles wiedergutgemacht, gleich mehrfach: Er dreht einen
       Film über einen ehemaligen Afghanistan-Soldaten, fliegt dann zu einer
       Bundeswehr-Preview nach Masar-i-Scharif und schreibt nun, wenige Tage vor
       dem Kinostart, in der Bild-Zeitung ein Tagebuch über seinen Kriegsausflug.
       Sein Ziel: „Dankbarkeit zeigen“. Dankbarkeit wofür? Na, mindestens für die
       kostenlose Film-Promo.
       
       26 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hartmut El Kurdi
       
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