# taz.de -- Die Wahrheit: Das Gold liegt im Maori-Schinken
       
       > Neues aus Neuseeland: Als mein Buch über eine Korrespondentin erschien,
       > die am schönsten Arsch der Welt an Immigrantenparanoia leidet ...
       
       Als mein Buch über eine Korrespondentin erschien, die am schönsten Arsch
       der Welt an Immigrantenparanoia leidet, da wollte ich ganz schlau sein. Ich
       bezeichnete mein Werk als Realsatire oder Doku-Roman. Es war ein
       verzweifelter Versuch, mich abzuheben. Reine Selbsttäuschung.
       
       Denn der Buchhandel hatte längst beschlossen, wohin die Saga über die
       Verwandlung vom Kraut zur Kiwi gehört: in die Regalecke mit den
       Culture-Clash-Büchern. Okay, ich hatte jetzt nicht erwartet, dass man für
       „Was scheren mich die Schafe“ einen Stapel Houellebecq zur Seite schiebt,
       und ich war schon dankbar, wenn man’s nicht für „noch so einen
       Schafe-Krimi“ hielt – aber ein kleines Imageproblem hatte ich doch zu
       überwinden.
       
       Culture-Clash steht auf dem Buchmarkt für „Leben in einem lustigen Land“.
       Dieses Genre beobachte ich genau. Es existiert seit „Noch ein verdammter
       Tag im Paradies“, einer Auswanderersatire aus La Palma, und schwang sich
       mit „Maria, ihm schmeckt’s nicht“ zu neuen Höhen auf. Lustig kann demnach
       jedes Land sein, solange dem dort lebenden Deutschen genug Stereotypisches
       vor die Füße fällt, er darüber stolpert, im Fettnapf landet und das alles
       flott erzählen kann. Daraus wird dann „Mein Leben in Bullerbü“ aus Schweden
       oder „Fisch und Fritz“ über England.
       
       Zwingend notwendig für den Erfolg ist ein möglichst beknackter Titel, der
       Klischees, Kulinarisches und Kulturschock im Turbohumormixer verquirlt, bis
       dass die Auflage schäumt. Mein Favorit, ungelesen: „Ich trink Ouzo, was
       trinkst du so“ (diese Gyrosfresser!), jetzt noch getoppt durch den
       Käskopp-Knaller „Auf Heineken könn’ wir uns eineken“. Prost, armes Holland
       – dabei ist das Buch richtig gut.
       
       Falls China irgendwann in dem Programm auftaucht, wie wär’s dann mit „Ich
       ess Eisbein, du tlinkst Leiswein“? Mein Vorschlag für Tibet: „Alles in
       Yak-Butter“. Die Palette ist weltweit noch nicht ausgeschöpft. Zum Beispiel
       über Abenteuer im Vatikan, frei von Talar und Tabus: „Junge, komm bald
       wieder“. Hergehört, Verlage! Es gibt so viele Länder, da geht doch noch
       was. Die Mongolei, wo es zur guten Sitte gehört, dem Gast nachts eine Frau
       ins Zelt zu legen? „Als ich in der Jurte schnurrte“. Tantiemen bitte an
       mich.
       
       Jetzt, wo die Aotearoa-Welle auf die Buchmesse zurollt, fällt mir mein
       taktischer Fehler auf. Wäre meine Antischafsaga romantischer, könnte sie
       als „Neuseeland-Roman“ durchgehen und sich wie geschnitten
       Vampir-Bestseller verkaufen. Der Neuseeland-Roman ist dem heutigen
       Goretex-Germanen im Wohnmobil, was unseren Großmüttern der Lore-Roman in
       der Gartenlaube war. Darin geht es meist um Pionierschicksale im Land der
       langen weißen Wolke. Ein mystischer Maori darf niemals fehlen. Die
       deutschen Autorinnen haben weltläufige Pseudonyme wie Sarah Lark, Emma
       Temple oder Julie Peters. Wenn ich endlich richtig schlau bin und der ganze
       Rummel vorbei, taufe ich mich in Emily Belle um.
       
       Mein nächstes Buch nenne ich dann „Heiße Wolle unterm Kreuz des Südens“. Es
       wird ein genreübergreifender historischer Schaf-Krimi-Porno.
       
       4 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anke Richter
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA