# taz.de -- Realität und Fiktion im US-Wahlkampf: Heucheln und meucheln
       
       > In den USA haben die Republikaner Angst vor einer grünen, mordenden
       > Senatorin. Colleen Lachowicz ist Demokratin und spielt gerne Computer.
       
 (IMG) Bild: Angst vor der grünen Frau.
       
       Ein großes grünes Monstrum namens Santiaga will Senatorin im US-Bundestaat
       Maine werden. Die muskelbepackte Gigantin vergiftet und ersticht nicht nur
       Menschen, sie genießt das auch noch. Kann so jemand tatsächlich ein
       politisches Amt übernehmen? Oder ist schon das Ansinnen allein ein Skandal?
       
       Realität und Fiktion verschwimmen – nicht zum ersten Mal in US-Wahlkämpfen.
       Also: Für den Senat kandidiert tatsächlich eine Frau. Sie heißt Colleen
       Lachowicz, ist nicht grün, menschlich, Sozialarbeiterin, Demokratin. Und
       sie spielt gerne Computer.
       
       Im Online-Rollenspiel „World of Warcraft“ steuert die 48jährige eine
       Schurkin aus der Fantasy-Rasse der Orks. Wie bei Schurken in Rollenspielen
       üblich, muss sie das heimlich und hinterhältig tun. Und damit hat wiederum
       die politische Konkurrenz ein Problem. Die Republikaner haben eine Kampagne
       gegen Lachowicz gestartet.
       
       Auf [1][colleensworld.com], der Kampagnenseite im Netz, ist von einem
       „bizarren Doppelleben“ und einem „verstörenden Alter Ego“ zu lesen. Und das
       Maine eine Abgeordnete brauche, die „in der realen Welt“ lebt.
       
       Glauben die Republikaner tatsächlich, dass die gegnerische Bewerberin auch
       real des Nächtens auf Meuchelpirsch geht? Wer verwechselt hier eigentlich
       Fiktion mit Realität?
       
       Also wieder mal republikanischer Irrsinn, einmal lachen, weitermachen?
       
       Nein, da steckt mehr dahinter. Die republikanische Kampagne ist nämlich nur
       eine besonders bizarre Ausformung dessen wie viele Menschen das Verhältnis
       von Computerspielen und Realwelt verstehen: Ursache gleich Wirkung.
       
       Counter Strike macht Amokläufer. Dass Spielen etwas mit dem Spieler macht,
       lässt sich dabei nicht bestreiten. In keinem anderen Medium, ist der Nutzer
       zugleich so sehr Teilnehmer, Gott und Sklave seiner eigenen Welt, Regisseur
       und Darsteller. Und die Möglichkeiten nehmen mit immer ausgefeilterer
       Technik zu.
       
       Es wird Zeit, dass die Erkenntnisse über die Folgen eines solchen Mediums
       mit seiner Entwicklung schritthalten. Dafür müssen aber einige
       Lieblingsideen der öffentlichen Debatte verschwinden – neben dem
       Ursache-Wirkung-Prinzip zum Beispiel das Klischee, Computerspieler seien
       ungebildete Looser. Und andererseits müssten diese eingestehen, dass ihr
       liebstes Hobby nicht in einer Blase existiert, aus der es keinen Zugriff
       auf sie hat. Dann könnte selbst der Unsinn von Maine Ausgang einer klugen
       Debatte sein.
       
       7 Oct 2012
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://colleensworld.com
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Schulz
       
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