# taz.de -- Altmaiers Stromsparkonzept: „Naiv“ und nichts als „Scheinmanöver“
       
       > Altmaier will durch Beratungsangebote Energiekosten für Geringverdiener
       > zu senken. Opposition und Verbände sehen wenig Sinn in der Initiative des
       > Umweltministers.
       
 (IMG) Bild: Im Rücken weht's und von vorne auch, da braucht Umweltminister Altmaier kein Fernglas, um die Kritiker zu sehen.
       
       BERLIN dapd/dpa | Vor dem ersten Runden Tisch im Bundesumweltministerium
       zur Dämpfung der Stromkosten für die Bürger weht Ressortchef Peter Altmaier
       (CDU) massive Kritik entgegen. Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen
       Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, nannte es „naiv, die wachsende Armut
       durch steigende Energiekosten allein mit kostenlosen
       Energiespar-Beratungsangeboten lösen zu wollen“.
       
       Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sieht in der geplanten Initiative reine
       Symbolpolitik. „Was nützt es, wenn der Arbeitslosengeld-II-Bezieher lernt,
       wie er seine Energiekosten senken kann, wenn im gleichen Atemzug die
       Energieverschwendung woanders steuerlich begünstigt wird“, sagte er der
       Deutschen Presse-Agentur.
       
       Die Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn sprach von einem „Scheinmanöver“ des
       Ministers. Auch die Verbraucherzentralen sehen in der Stromsparinitiative
       keine echte Hilfe für Geringverdiener.
       
       Altmaier hat am Dienstag in Berlin mit Wohlfahrts- und
       Verbraucherschutzverbänden, Branchen- und Kirchenvertretern sowie Kommunen
       vor allem über die Ausweitung kostenloser Energieberatungen für
       Privathaushalte gesprochen. Altmaier will bis 2020 allen Deutschen eine
       kostenlose Energieberatung ermöglichen.
       
       Auf diesem Wege soll es den Verbrauchern möglich sein, den steigenden
       Strompreisen „ein Schnippchen zu schlagen“, sagte der Minister.
       Einkommensschwache sollen nach Altmaiers Vorstellung zudem künftig auch
       Hilfen zur Anschaffung energieeffizienter Geräte erhalten können. Auf
       konkrete Modelle habe man sich aber noch nicht geeinigt, sagte der
       Minister.
       
       ## Altmaier will „Geld in die Hand“ nehmen
       
       Nach dem Treffen verkündete Altmaier, die Energieberatung solle sowohl
       „qualitativ als auch quantitativ“ ausgebaut werden. So sollen künftig
       „mindestens doppelt so viele“ einkommensschwache Haushalte von
       Energieberatungen Gebrauch machen. Zu diesem Zweck wolle sein Ministerium
       „Geld in die Hand“ nehmen, sagte der Minister. Genaue Zahlen seien aber
       erst nach den Haushaltsberatungen zu nennen. Insgesamt rechnet Altmaier
       künftig mit „einigen 100.000 Beratungen pro Jahr“.
       
       Anderen Lösungsvorschlägen erteilte Altmaier hingegen eine Absage: So sei
       „das Hantieren mit Steuern nicht die richtige Antwort“ für ein „viel
       grundsätzlicheres Problem“. Auch die umstrittenen finanziellen
       Erleichterungen für energieintensive Industrien seien „im Prinzip nach wie
       vor richtig“.
       
       ## Explosion der Stromnotfälle
       
       Mit Blick auf die voraussichtlich steigende EEG-Umlage kritisierte
       Schneider vom Paritätischen Wohlfahrtsverbandes im Hamburger Abendblatt:
       Ohne Ausgleich für Niedriglohnbezieher oder Familien in Hartz IV würden
       „schlicht noch mehr Menschen ihren Strom künftig nicht mehr bezahlen
       können“. Die Zahl der Stromnotfälle werde „weiter explodieren“.
       
       Aus Sicht der Opposition ist die Stromsparinitiative Altmaiers eine
       Mogelpackung. „Anstatt die finanzielle Entlastung aller Verbraucher über
       die Streichung der Industrieausnahmen voranzubringen, führt Minister
       Altmaier Scheinmanöver aus“, sagte Grünen-Fraktionsvize Höhn der Passauer
       Neuen Presse.
       
       „Kostenlose Energieberatung für einkommensschwache Haushalte gibt es
       bereits.“ Die „Vor-Ort-Checks“, die Wirtschaftsminister Philipp Rösler
       (FDP) gerade mit den Verbraucherverbänden vorgestellt habe, seien für
       Geringverdiener kostenfrei. „Alle anderen sind sehr wohl bereit, den
       geringen Eigenanteil für eine qualitativ hochwertige Beratung zu zahlen“,
       sagte Höhn.
       
       ## Absenkung der Stromsteuer
       
       Auch der Bundesverband der Verbraucherzentralen sieht in der geplanten
       Energieberatung keine wirkliche Hilfe für Geringverdiener. „Kurzfristige
       Abhilfe versprechen wir uns durch eine Absenkung der Stromsteuer“, sagte
       der Energieexperte Holger Krawinkel der Passauer Neuen Presse.
       
       Der Dachverband der Verbraucherzentralen spricht sich dafür aus,
       einkommensschwache Familien mit staatlichen Zuschüssen bei der Anschaffung
       sparsamer Elektrogeräte zu unterstützen. „Mit einem energiesparenden
       Kühlschrank kann man bis zu 100 Euro pro Jahr einsparen“, rechnete
       Krawinkel vor.
       
       9 Oct 2012
       
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