# taz.de -- Zweite Mannschaften: Von oben kommt nichts
       
       > Holstein Kiel gewinnt gegen die zweite Mannschaft des VfL Wolfsburg mit
       > 3:1. Für Kiels Trainer sind die zweiten Mannschaften der Bundesligisten
       > dennoch eine Gefahr.
       
 (IMG) Bild: Freuten sich über ihren Sieg gegen den VfL Wolfsburg II: Spieler von Holstein Kiel.
       
       Als es 2:0 für Holstein Kiel steht, singen die Fans „Spitzenreitä,
       Spitzenreitä eheheh“, und als es 3:1 steht, wieder. Nach dem 2:1 sind sie
       ruhig. Da sieht es für eine Minute so aus, als könnte die zweite Mannschaft
       des VfL Wolfsburg die Kieler ärgern. „Ich sag den jungen Leuten“, sagt
       Lorenz-Günther Köstner, 60, Wolfsburgs Trainer, „immer, dass man auch in
       der 85. Minuten noch was machen kann.“
       
       Es war nichts zu machen: Kiel gewinnt vor 3.750 Zuschauern im
       Holstein-Stadion mit 3:1 – nach Toren von Marcel Schied (39.), Marlon
       Krause (60.), dem Gegentor von Michael Schulze, eingeleitet durch einen
       Fehlpass von Rafael Kazior (90.), und einem vom eingewechselten Fiete
       Sykora verwandelten Foulelfmeter (91.).
       
       In der Regionalliga Nord kicken fünf zweite Mannschaften: neben Wolfsburg
       sind das die von Hannover 96, Werder Bremen, vom Hamburger SV und vom FC
       St. Pauli. Bis auf die Hamburger Teams haben alle Ambitionen aufzusteigen.
       „Wäre der Aufstieg bei uns mit aller Macht gewollt, würden wir Stürmer von
       oben bekommen“, sagt Köstner. „Oben“, das ist nicht der Himmel, „oben“, das
       ist die Bundesliga. Aber von da kommt nichts, „also müssen wir uns selbst
       helfen und die Spieler ausbilden“, sagt Köstner.
       
       Der VfL hat zwei Spielzeiten am Aufstieg „gekratzt“, wie nach jeder Saison
       sind auch nach der vergangenen Spieler gegangen: Sebastian Polter (1. FC
       Nürnberg) und André Fomitschow (Fortuna Düsseldorf). Die beiden haben am
       Ende der Spielzeit 2011/12 dafür gesorgt, dass Kiel mit 1:4 in Wolfsburg
       verlor und nicht in die Dritte Liga aufstieg.
       
       Thorsten Gutzeit ist Trainer von Holstein Kiel, sein Problem sind die
       zweiten Mannschaften der Bundesligisten. Und die Probleme der
       Bundesligisten. „Wir haben Wolfsburgs Zweite beobachtet“, sagt er. Aber
       sicher, dass er gegen die Mannschaft spielt, die er beobachtet hat, war er
       nicht. Es war so, zum Glück für Kiel. „Wir waren gut eingestellt“, lobt
       Kazior, Kiels Mittelfeldspieler, seinen Trainer, „wir wussten, dass sie
       über außen kommen und dann Bošković suchen.“ Danko Bošković, 30, neben
       Sebastian Schindzielorz, 33, der zweite Ex-Profi des VfL.
       
       Im Moment haben alle Nord-Bundesligisten, bis auf Hannover 96, so viel mit
       sich zu tun, dass sie sich kaum um ihre zweiten Mannschaften kümmern. Das
       hilft Kiel, die Tabellenführung zu halten. Werders Zweite hat ein paar
       Spiele weniger. „Wir wissen“, sagt Kazior, „wie es ist, wenn eine
       Mannschaft vorne wegzieht und dich zwingt, alle Nachholspiele zu gewinnen,
       schön ist das nicht.“
       
       Wie die Bundesligisten mit ihren zweiten Mannschaften umgehen, hängt von
       ihrem Nachwuchskonzept ab. Davon hängt auch ab, ob sie in der Dritten Liga,
       die nicht nur teuer ist, sondern dem Verein auch sonst etwas abverlangt,
       spielen wollen oder in der Regionalliga.
       
       Die ist günstiger, aber von dort in eine Bundesligamannschaft zu springen,
       ist für jeden Spieler schwierig. Kiels Trainer Gutzeit denkt lange über die
       Frage nach, welcher zweiten Mannschaft er den Sprung in die Dritte Liga
       zutraut, und sagt dann: „Werder. Die haben junge Spieler, die schon
       Bundesliga gespielt haben.“ Es kann sein, dass sich Vereine die
       Regionalliga Nord angucken und dann entscheiden, ob sie ihrem Nachwuchs
       dieses Niveau zumuten wollen, und wenn nicht, dann machen sie in der
       Winterpause was.
       
       Im Moment klagt Gutzeit nicht: „Die zweiten Mannschaften bekommen aus der
       Bundesliga keine Spieler.“ Und selbst, wenn das passieren sollte, werde
       sich die Spielanlage nicht ändern: „Und auf die bereiten wir uns vor.“
       Setzen Bundesligisten wie der HSV bei Neuverpflichtungen auf Spieler wie
       Rafael van der Vaart, Milan Badelj und Petr Jiráček, kann Ihnen die zweite
       Mannschaft egal sein.
       
       Kiel ist nun, nach elf Spielen, Erster. „Ist nicht mal ein Drittel der
       Saison“, sagt Kazior, „am Ende müssen wir oben stehen.“ Und dann kommt die
       Relegation. Mit der Regionalliga hat man es nicht leicht, und dann kommt
       man nicht mal leicht raus.
       
       14 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Roger Repplinger
       
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