# taz.de -- 1,6 Milliarden Dollar für Ancestry.com: Die lukrative Datenbank der Toten
       
       > Zwei Millionen Menschen suchen auf Ancestry.com nach ihren Vorfahren. Nun
       > will ein Finanzinstitut das Netzwerk für fast zwei Milliarden Euro
       > kaufen.
       
 (IMG) Bild: Um solche Tafeln zu basteln, zahlen viele jährlich bis zu 60 Euro.
       
       BERLIN taz | Von dieser großen Internet-Firma dürften nur Menschen etwas
       gehört haben, die sich für ihre Familiengeschichte interessieren:
       Ancestry.com ist das laut eigenen Angaben größte kommerzielle
       Genealogie-Portal der Welt. Bis zum Sommer 2012 waren dort laut
       Finanzbericht 10 Milliarden Datensätze erfasst, die fast 40 Millionen
       Stammbäume enthielten.
       
       Rund zwei Millionen Abonnenten hatte der Dienst – sie erhalten gegen
       Zahlung eines Beitrags zwischen 20 Euro und 60 Euro im Jahr Zugriff auf die
       Informationen und dürfen sich historische Dokumente ansehen. Soll es noch
       etwas mehr sein, gibt es gegen 22 Euro im Monat auch Zugang zu
       internationalen Archiven von der US-Volkszählung bis zur Passagierliste von
       Auswandererschiffen.
       
       Das Geschäft mit den Familiendaten scheint durchaus lukrativ zu sein. 475
       Millionen Dollar Umsatz wird Ancestry.com zusammen mit seinen Töchtern in
       diesem Jahr nach aktuellen Berechnungen machen, ein Drittel davon sind als
       Gewinn vor Steuern geplant. Und das Geschäft brummt schon seit längerem.
       2009 ging Ancestry.com erfolgreich an die Börse und spielte knapp 100
       Millionen Dollar ein, beschäftigt weltweit inzwischen über 1.000
       Mitarbeiter. Der Europasitz ist in Luxemburg, der in den USA in Provo,
       Utah. Das Angebot ist in 15 Ländern vertreten, besonders erfolgreich ist
       man in englischsprachigen Regionen.
       
       Da wundert es nicht, dass mittlerweile Investoren anklopfen. Das
       europäische Private-Equity-Unternehmen Permira, hierzulande unter anderem
       bekannt als Besitzer von ProSiebenSat.1-Media, will 1,6 Milliarden Dollar
       oder 32 Dollar pro Aktie hinlegen, um Ancestry.com zu übernehmen. Das wäre
       ein Aufschlag um 40 Prozent gegenüber dem letzten Kurs im Juni, bevor das
       Angebot hereinkam.
       
       Der Kauf, der bis Anfang nächsten Jahres abgeschlossen sein soll, wurde vom
       Aufsichtsrat bereits genehmigt, zuvor hatte es laut einem [1][Bericht] des
       Wall Street Journal einen Auktionsprozess gegeben, aus dem Permira
       erfolgreich hervorging. Interessiert waren auch andere große
       Private-Equity-Häuser. Sie scheinen dabei insbesondere an den
       Abonnementsgeldströmen sowie der großen Datenbank interessiert zu sein, die
       sich potenziell vergolden lässt.
       
       ## Ursprung in der Mormonen-Religion
       
       Ancestry.com ist zwar aktuell schuldenfrei, dürfte nach der Übernahme durch
       Permira aber eine gute Milliarde in den Miesen sein, wie das Wall Street
       Journal weiter meldet. Der Grund: Der Investor will die Firma von der Börse
       nehmen und muss die ausstehenden Aktionärsanteile aufkaufen.
       
       Was Permira mit Ancestry.com plant, ist bislang noch unklar – womöglich
       sind weitere Aufkäufe in der Sparte geplant, um eine noch größere Gruppe zu
       formen. Erst im August hatte Ancestry.com für einen dreistelligen
       Millionenbetrag das Portal Archives.com übernommen, das Familiengeschichten
       sammelt. Mittlerweile ist Ancestry.com auch im Geschäft mit [2][der
       genealogischen DNA-Analyse].
       
       Die Wurzeln von Ancestry.com liegen in der Mormonen-Religion in Utah
       begründet, die besonderen Wert auf eine Aufarbeitung der Familiengeschichte
       legt – verstorbene Nicht-Mormonen in der Verwandtschaft können dem Glauben
       zufolge nämlich [3][nachträglich getauft] werden, doch dazu muss man sie
       erst einmal kennen.
       
       Ancestry.com entstand 1990 zunächst als Projekt zweier Ex-Studenten der
       mormonischen Brigham Young University, die Schriften der Kirche auf
       Datenträgern vertrieben. 1997 wurde schließlich eine Genealogie-Firma
       übernommen, die später groß ins Internet gebracht wurde; der
       Mormonen-Verlag wurde an einen Konkurrenten verkauft. Nach verschiedenen
       Inkarnationen als „MyFamily.com“ oder „The Generations Network“ und
       entstand schließlich Ancestry.com als Hauptmarke.
       
       24 Oct 2012
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://online.wsj.com/article/SB10001424052970203406404578071390645955994.html
 (DIR) [2] http://dna.ancestry.com/
 (DIR) [3] http://de.wikipedia.org/wiki/Totentaufe#Totentaufe_in_der_Kirche_Jesu_Christi_der_Heiligen_der_Letzten_Tage
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ben Schwan
       
       ## TAGS
       
 (DIR) USA
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) US-Mörder mit DNA-Datenbanken gefasst: Der Stammbaum des Sadisten
       
       Jahrzehnte nach seinen Taten ist ein Serienmörder mit kommerziellen
       DNA-Datenbanken überführt worden. Der Erfolg zeigt die Macht von „Big
       Data“.
       
 (DIR) Wie man mit Wikis Geld verdient: Geschäftsmodell Wikia
       
       Wikipedia-Gründer Jimmy Wales versucht, mit dem Start-up Wikia Wikis auch
       kommerziell erfolgreich zu machen. Und will dort mit Werbung richtig viel
       Geld verdienen.
       
 (DIR) US-Onlinemagazin "The Root": Medium für das Obama-Zeitalter
       
       Das US-Onlinemagazin "The Root" greift speziell afroamerikanische Themen
       auf - und erscheint erstmals zu einem denkbar günstigen Zeitpunkt.