# taz.de -- Die neuen Parteichefs in China: Prinz und Bauernjunge
       
       > Xi Jinping und Li Keqiang werden vermutlich die künftig mächtigsten
       > Männer in China. Der eine ist der Sohn eines prominenten Parteikaders,
       > der andere ist Bauernsohn.
       
 (IMG) Bild: Xi Jinping (l.) soll neuer Parteichef werden, Li Keqiang ist designierter Regierungschef.
       
       PEKING taz | Ausländische und chinesische Beobachter sind sich einig: Wer
       künftig Chinas Parteichef wird - und damit mächtigster Mann im Lande -,
       steht fest: der bisherige Vizepräsident Xi Jinping. Und auch der künftige
       Premierminister gilt mit dem bisherigen Vizepremier Li Keqiang als gesetzt.
       
       Dennoch hält die Parteispitze die Personalfrage bis zum Schluss offen. Erst
       wenn die neue Riege am Ende des Parteitags im Gänsemarsch in der Rangfolge
       ihrer Positionen vor den Roten Fahnen und dem Hammer-und-Sichel-Symbol in
       der Großen Halle des Volkes vors Publikum tritt, ist endgültig klar, wer
       welches Amt ergattert hat.
       
       Ein genauer Blick auf den Generationswechsel in China lohnt sich auch
       deshalb, weil die Volksrepublik inzwischen sowohl ökonomisch als auch
       politisch in die Riege der wichtigsten Akteure der Welt aufgestiegen ist.
       „Wer in Peking künftig das Sagen hat, regiert mit über die ganze Welt“,
       sagt der britische China-Kenner und Reuters-Kolumnist John Foley.
       
       ## Xi Jinping - der Parteierbe
       
       Zum Chinesischen Neujahrsfest verschickte Xi Jinping eine Kurznachricht an
       rund eine Million Parteimitglieder: Er wünsche ihnen „persönlich alles
       Gute“. So modern hatte noch kein chinesischer Spitzenpolitiker mit der
       Parteibasis kommuniziert. Beobachter wollten darin bereits einen neuen
       Führungsstil des 59-Jährigen erkennen.
       
       Chinas künftiger Parteichef – und damit mächtigster Mann des Landes – will
       sich offensichtlich vom Bild seines Vorgängers absetzen. Nochparteichef Hu
       Jintao wirkt steif, knöchern und unnahbar. Tatsächlich wird Xi Jinping von
       manchen in China als Hoffnungsträger gehandelt: Er könne zuhören und
       vermitteln, heißt es.
       
       Xi, dessen Frau Peng Liyuan Star einer Armee-Gesangstruppe im
       Generalmajors-Rang ist, gilt als Kompromisskandidat zwischen den beiden
       wohl einflussreichsten Lagern in der Partei: Auf der einen Seite die
       sogenannten Prinzlinge – Sprösslinge der KP-Elite – und Altkader um den
       immer noch einflussreichen Exparteichef Jiang Zemin. Zur anderen werden die
       Funktionäre um den im November abtretenden Generalsekretär Hu gerechnet,
       die sich in der Jugendliga der KP hochgedient haben. Da der Posten des
       Parteichefs derzeit in Personalunion mit dem Amt des Staatsoberhaupts
       verbunden wird, dürfte Xi im kommenden Frühjahr auch Präsident werden.
       
       Xi selbst ist ein „Prinzling“: Sein Vater war prominentes KP-Mitglied der
       ersten Stunde und späterer Vizepräsident. Wie viele der alten Kämpen fiel
       der Vater bei Mao Zedong in Ungnade. Während der Kulturrevolution (1966 bis
       1977) verbrachte Xi Jinping einige Zeit als Feldarbeiter in der kargen
       Provinz Shaanxi. Später studierte er Verfahrenstechnik und Jura an der
       renommierten Tsinghua-Universität in Peking. Gleichzeitig arbeitete er sich
       in der Partei hoch.
       
       In den 90er Jahren war er Parteisekretär der boomenden Küstenprovinz
       Fujian. Ab 2002 diente er als Gouverneur der noch wohlhabenderen Provinz
       Zhejiang. In Schanghai war er dann zeitweise KP-Chef. Im Jahr 2007 stieg er
       auf in den inneren Zirkel der Macht, den Ständigen Ausschuss des
       Politbüros. Im Frühjahr 2008 wurde er Vizepräsident.
       
       ## Li Keqiang - der Aufsteiger
       
       Auf den ersten Blick wirkt Li Keqiang wie einer dieser Technokraten, die es
       in Chinas Führungsriege jede Menge gibt: Fachlich kompetent, im Auftreten
       aber farblos. Was der Mann, der als künftiger Regierungschef gehandelt
       wird, denkt, ist nicht klar. Das teilt er mit den meisten seiner Kollegen:
       In der KP ist es nicht gern gesehen, wenn jemand mit politischen Visionen
       aus der Reihe tanzt.
       
       Anders als viele seiner Spitzengenossen zählt der 57-Jährige nicht zu jenen
       studierten Ingenieuren, die politische Probleme vor allem technisch lösen
       wollen. Li Keqiang ist Ökonom. Das ist viel wert in einem Land, dessen
       Volkswirtschaft vor einem grundlegendem Strukturwandel steht: Die künftige
       Führung wird mit gravierenden Umweltschäden fertig werden und das
       Sozialversicherungssystem stärken müssen. „Li Keqiang werden diese Aufgaben
       zugetraut“, sagt Yuan Guangming, Ökonom an der Peking Universität. Li gilt
       als Motor des neuen Krankenversicherungsnetzes und will, dass die großen
       Staatsbanken mehr Konkurrenz bekommen.
       
       Li Keqiang stammt aus einer Bauernfamilie der einst besonders armen
       Zentralprovinz Anhui – und schaffte als eines von wenigen Landkindern den
       Sprung an die renommierte Peking Universität. Dort hatte er 1982 als Ökonom
       promoviert. Schon während seines Studiums arbeitete er sich im
       Jugendverband der KP nach oben, der als Machtbasis von Staatschef Hu Jintao
       gilt. Li wird er zur Jugendliga-Fraktion gerechnet. Als die Armee 1989 auf
       die Tiananmen-Demonstranten schoss, war Li bereits hoher Funktionär.
       
       1999 stieg er zum Gouverneur der Provinz Henan auf, 2004 übernahm er das
       Amt des Parteisekretärs der Provinz Liaoning. Henan – mit heute über 100
       Millionen Einwohnern – entwickelte sich in seiner Amtszeit zu Chinas
       größter Kornkammer. Liaoning, mit seiner damals noch maroden
       Schwerindustrie, schloss unter Lis Ägide an die prosperierenden
       Küstenprovinzen im Süden und Osten auf.
       
       Dabei hat Li keineswegs eine reinweiße Weste: In Henan etwa hatten mehr als
       280.000 arme Bauern in den 1990er Jahren ihr Blut an Sammelstellen
       verkauft. 25.000 Menschen infizierten sich mit HIV. Als Li dort Parteichef
       wurde, setzte er wie schon sein Vorgänger alles daran, den Skandal zu
       vertuschen.
       
       28 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Felix Lee
       
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