# taz.de -- Standort gesucht: Sorgenkind im Abfluss
       
       > Das Museum Weserburg liebäugelt mit einem Neubau in der Überseestadt.
       > Einen Entwurf gibt es schon. Nur was dann aus der GAK werden soll, ist
       > unklar
       
 (IMG) Bild: Kunst im Fluss - oder doch lieber in Übersee?
       
       Gehen oder bleiben? Noch ist bei der Weserburg nichts entschieden – auch
       der Stiftungsrat des Museums für moderne Kunst mochte sich da gestern nicht
       festlegen. Und Carsten Ahrens sagt: Der Museumsdirektor in ihm, der hänge
       ja sehr an dem Haus im Fluss. Doch der Kurator in ihm, der wolle „natürlich
       lieber“ in einen Neubau. Die Zeichen, sie stehen auf Abschied – von der
       Weserburg.
       
       Ein Grundstück gibt es schon, in der vorderen Überseestadt, direkt vor dem
       Wesertower. Es gehört der Firma Siedentopf, die auch bereits einen
       Architekten beauftragt hat: Arno Brandlhuber aus Berlin, der gerade zum
       vierten Mal auf der Architekturbiennale in Venedig vertreten ist. Er hat
       einen kreisrunden Entwurf abgeliefert, zweigeschossig, untenrum sehr
       gläsern, obenrum ein Betonklotz. Er hätte etwa 3.000 Quadratmeter
       Ausstellungsfläche, also gut die Hälfte dessen, was der Weserburg heute zur
       Verfügung steht. Zu sehen bekamen das Modell bisher allerdings nur
       Eingeweihte. „Ein sehr interessanter Entwurf“, findet Ahrens. Kosten soll
       er etwa 13 bis 14 Millionen Euro. Aus den umstrittenen Bildverkäufen im
       vorletzten Jahr kann die Weserburg etwas mehr als sechs Millionen Euro
       selbst bezahlen.
       
       Andererseits ist der zerklüftete Backsteinbau am Teerhof, ehemals
       Kaffeerösterei, sanierungsbedürftig, nicht nur energetisch. Das Fundament,
       auf Sand gebaut, müsste auf Kosten der Stadt neu befestigt werden, da
       könnten allein fast zwei Millionen Euro zusammenkommen. Auch eine
       Klimaanlage muss her, damit die Sammler, von denen allein das Museum lebt,
       weiter ihre Kunst dort ausstellen. Und so weiter: Neun Millionen Euro
       könnte das alles Schätzungen zufolge kosten. Jetzt soll noch mal
       durchgerechnet werden, wie weit man mit den Eigenmitteln der Weserburg
       käme.
       
       Ein Teil der fehlenden Mittel könnte aus einem Verkauf des Hauses kommen.
       Interesse daran hat wiederum die Firma Siedentopf bekundet – welchen Preis
       sie zahlen würde, ist unklar, was sie mit der Immobilie anfangen würde,
       auch. Eine Entscheidung, so der Stiftungsrat, wird frühestens Anfang 2013
       fallen.
       
       Beide Planungen seien für die Weserburg allein nicht finanzierbar, sagte
       Klaus Sondergeld, der Stiftungsratsvorsitzende, der sonst Chef der
       Wirtschaftsförderungsgesellschaft ist. Als Ziel gab er aus, dass das
       chronisch unterfinanzierte Museum „nicht länger ein Sorgenkind“ der Bremer
       Politik ist. Soll heißen: Es muss mit den 1,1 Millionen Euro Jahresetat
       weiterhin auskommen. Und 2014 fallen ja jene 1,5 Millionen Euro wieder weg,
       die bekannte Bremer Mäzene über drei Jahre verteilt zuschießen. Ahrens trat
       einst mit dem Konzept an, die „Schlagzahl“ der Ausstellungen zu erhöhen.
       Nachdem das nicht recht funktionierte, ist er nun derjenige, der das Museum
       gesundschrumpfen soll.
       
       Wer bislang praktisch noch gar nicht in der Debatte vorkommt, ist die
       Gesellschaft für Aktuelle Kunst (GAK), die schon zehn Jahre länger als das
       Museum Weserburg auf dem Teerhof residiert, aber heute formell ein – noch
       dazu mietfreier – Untermieter ist. In Bremen nehmen die GAK viele als eine
       Art „Wurmfortsatz“ des Museums wahr, national und international ist das
       freilich ganz anders. Ahrens sagt: „Für die GAK muss eine wunderbare Lösung
       gefunden werden.“
       
       Denn wenn das Museum aus der Innenstadt wegzieht, dann muss wohl auch die
       GAK ausziehen – und beides zusammen, sagt deren Direktorin Janneke de
       Vries, „verändert die zeitgenössische Kunstszene in Bremen ganz
       entscheidend“. Man könnte auch sagen: Es zerklüftet sie. Weserburg, GAK und
       das bislang unmittelbar benachbarte Künstlerhaus am Deich wären dann als
       Solitäre über die Stadt verteilt, ergänzt um die Städtische Galerie am
       Buntentor und das Zentrum aus Kunsthalle und Gerhard-Marcks-Haus im
       Viertel.
       
       Derzeit werde nur über Räume und über Geld für die Weserburg geredet, sagt
       de Vries – „aber es werden keine inhaltlichen Debatten geführt“. Und neue
       Räume allein machten ja noch keine gute Ausstellung aus. Zu glauben, mit
       einem Neubau werde alles gut – „das geht nach hinten los“, sagt de Vries.
       
       Für die GAK fordert de Vries nicht nur eine Bestands-, sondern eine
       Qualitätsgarantie ein. Und: „Wir können keine Miete zahlen“, so de Vries –
       auch die GAK sei chronisch unterfinanziert. In die Überseestadt will sie
       nicht, umziehen vielleicht schon. Wobei: Die gemeinsame Lage auf dem
       Teerhof, sagt sie – die hätte „noch Potenzial“.
       
       26 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan Zier
       
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