# taz.de -- Kolumne Heimatkunde Seenplatte: Brüten und Brüllen
       
       > Schön, wenn der ehemalige Demminer Kreistagssaal zumindest hin und wieder
       > noch genutzt werden. Nur kennt noch nicht jeder seine Tücken.
       
       Jugendhilfe verbindet, jedenfalls ältere Leute. Dirk Schürgut zum Beispiel
       machte dank der Jugendhilfe zum ersten Mal die 90 Kilometer lange Reise
       nach Demmin, berufsbedingt. Dirk Schürgut ist Leiter Allgemeine Soziale
       Dienste beim Landkreis Mecklenburgische Seenplatte und so blieb ihm nichts
       anderes übrig, als die Dienstfahrt in den Norden anzutreten, wo der
       Jugendhilfeausschuss im alten Demminer Kreistagssaal zusammenkam.
       
       Alt ist der Saal zum einen, weil dort seit der Kreisgebietsreform kein
       Kreistag mehr tagt. Die Anzeige „Sitzung nicht stören“ vor den Türen
       leuchtet nur noch selten auf und drinnen, wo die Sternsinger
       katholisch-traditionsbewusst ihr „C + M + B“ auf die Türstöcke schrieben,
       kündet der letzte Segen vom Jahr 2011.
       
       Alt zum anderen, weil der Saal noch aus Kaisers Zeit stammt und mit
       Wandgemälden, Stuck und hohen Gewölben repräsentativ aussieht. Das durfte
       Schürgut auf eigene Weise erfahren. Kaum hatte er von seinem Platz an der
       Eingangstür aus zu reden begonnen, wurde er aufgefordert, weiter in die
       Mitte des Saales zu kommen. Die Akustik leidet unter dem wilhelminischen
       Zierrat, was für den Ausschussvorsitzenden Peter Ritter von der Linkspartei
       aber nichts Neues ist.
       
       Für Ritter, langjähriges Kreistagsmitglied in Demmin, war die Sitzung im
       einstmals Hohen Hause fast so etwas wie eine Heimkehr. Dementsprechend
       launisch zog er manche Erinnerung heran. „Wir mussten hier schon immer
       schreien“, munterte er Schürgut auf. Wenigstens konnte sich alle dank
       Hausmeister und Oktobersonne über mollige Wärme im Saal erfreuen. Früher
       habe er hier immer gefroren, erinnert sich Ritter. „Da haben wir wohl etwas
       falsch gemacht.“
       
       Oder es war einfach nicht alles gut in der guten alten Vorreform-Zeit.
       
       30 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Georg Wagner
       
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 (DIR) Demmin
       
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