# taz.de -- Kolumne Wortklauberei: Scherzensgeld für alle
       
       > 10.000 Investmentbanker stehen demnächst auf der Straße. Darf man darüber
       > Witze machen? Oder wird man dann auf Scherzensgeld verklagt?
       
 (IMG) Bild: 10.000 Investmentbanker schmeißt die UBS raus. Der Erste sitzt schon vor der Tür.
       
       Ist das jetzt eigentlich über Gebühr gemein, wenn man sagt: Mich haben
       schon Nachrichten tiefer getroffen als die, dass 10.000 Investmentbanker
       ihren Job verlieren, weil der Grattlerverein UBS seinen Laden
       „redimensioniert“. Man kann ja nur hoffen, dass da nicht auch gleich wieder
       wer auf die Idee kommt, die jetzt zu Kinderkrippenmuttis umzuschulen.
       
       10.000 Banker, deren Know-how und Arbeitskraft von einem Tag auf den
       anderen nicht mehr gefragt ist, die einfach kalt aussortiert werden, obwohl
       ihr Unternehmen natürlich dickfetten „operativen Gewinn“ macht, was dachtet
       ihr denn.
       
       Woran sollen diese Leute denn noch glauben? Und müssen die jetzt an ihr
       Erspartes ran, um den Hummer noch vollgetankt zu kriegen?
       
       Ja, ich weiß, das ist billige Polemik, Investmentbanker sind auch Menschen;
       aber tatsächlich welche, die mich persönlich vollgas am Arsch lecken
       können.
       
       ## Geplatzte Rüstungsindustrie
       
       Jedenfalls ist das alles ja fast halb so traurig wie die Tatsache, dass
       letztens die Rüstungsindustrie geplatzt ist. Also, leider nicht die ganze
       Rüstungsindustrie – wie das spritzen würde und wie schön’s danach wäre!
       Nein, aber die allergrößtmögliche Megafusion in der
       Rüstungsindustriegeschichte ist geplatzt, und die Chefs von EADS und BAE
       hätten sich so gefreut und müssen jetzt fast ein bissi weinen, wenn sie an
       die ganzen Raketensysteme denken, die jetzt ein anderer baut, dabei hätten
       sie so gern so viele qualifizierte Arbeitsplätze geschaffen!
       
       Und schuld ist Deutschland mit seiner Blockadepolitik. Da muss sich jeder
       Deutsche an die Nase fassen dafür, dass die benötigten Lenkflugkörper jetzt
       von irgendwelchen Hamperern gebaut werden, die vielleicht gar kein
       bayerisches Abitur nicht haben.
       
       Ist das jetzt eigentlich über Gebühr justiziabel, wenn man ein „systemisch
       bedeutsames Finanzinstitut“ als Grattlerverein bezeichnet? Oder darf
       Kolumne das? Weil: nicht, dass ich auf Scherzensgeld verklagt werde! Haha!
       Letztes Mal an dieser Stelle schrieb ich über die Komikerin Monika Gruber,
       die meinte, sie würde dem Kindsmörder Magnus Gäffgen gern „eine reinhauen“.
       Woraufhin ein Leser im Onlinekommentar anmerkte, wenn sie das wirklich
       gesagt habe, müsse Frau Gruber „auf Scherzensgeld verklagt werden“. Das
       fand ich lustig, so von wegen Nonsens-Wortspiel, aber doch irgendwie
       bezugreich, trocken serviert, ba-da-bing.
       
       Dann aber befielen mich Zweifel – und googelnd stellte ich fest, dass
       „Scherzensgeld“ in der Tat ein sehr beliebter Tippfehler ist.
       Verbraucherportale informieren über „Scherzensgeldratgeber“, auf dem
       JuraForum wird diskutiert, ob es eine „Möglichkeit auf Scherzensgeld ohne
       Prozess“ gibt, hier wird ein „Augenarzt auf Scherzensgeld verklagt“, dort
       muss der Narr Kid Rock für eine Prügelei nur ein „läppisches Scherzensgeld“
       zahlen. Und auf gutefrage.net schimpft eine Userin, dass sie, von einer
       Drogerieverkäuferin falsch beraten, nunmehr mit doof gefärbten Haaren
       „rumlaufen“ müsse und ob sie die jetzt „um Scherzensgeld verklagen“ könne.
       
       Und viele Leute antworten sachlich bis patzig, aber KEINER macht einen
       Scherz mit dem „Scherzensgeld“. Wo soll das hinführen?
       
       1 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Josef Winkler
       
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