# taz.de -- Trainingsbesuch beim Frauenrugby: Blume im Haar, Dreck auf der Hose
       
       > Der FC St. Pauli möchte die erste Mädchenrugbymannschaft des Nordens
       > gründen, aber ausreichend viele Spielerinnen zwischen 14 und 17 Jahren zu
       > finden, ist nicht einfach.
       
 (IMG) Bild: Trainiert auch gerne mit Jungs: FC St. Pauli-Spielerin Josi.
       
       HAMBURG taz |“Baff“ macht es, und dann liegt der Trainer flach. Macht ein
       komisches Geräusch, wenn es einen Körper, so etwa 80 Kilo schwer, auf den
       Rasen haut. Den Ball hat der Trainer nicht fallen lassen. „Ballsicherung“,
       sagt er etwas gepresst und rappelt sich auf. Haare glatt streichen, Dreck
       von der Hose klopfen. Und gleich nochmal: „Baff.“
       
       Am liebsten lässt sich der Trainer von Josephine tackeln. Die hat eine
       Blume im Haar – nicht mehr als ein Ablenkungsmanöver, so wie es „baff“
       macht.
       
       Der FC St. Pauli 1910 ist ja nicht nur berühmt für seinen Fußball und seine
       Fans, sondern auch für Rugby. Es gibt ein paar Mädchen, die diesem schönen
       Sport frönen: Josephine „Josi“ Pora, 14, und ihre Schwester Marie, 16, und
       Leonie Zolker, 15, zum Beispiel. Meistens kommen so neun, zehn zum
       Training, heute sind es zwei mehr. Zwei Neue.
       
       „Wir brauchen aber noch viel mehr Neue“, sagt Josi, die seit zwei Jahren
       Rugby spielt. Ziel ist es, 15er Rugby zu spielen, wie die Männer und die
       Frauen bei St. Pauli. Um 15er Rugby zu spielen, also mit 15 Spielern pro
       Team, „bräuchten wir so ungefähr 20 Spielerinnen“, schätzt Leonie.
       
       Wir haben Freitag, kurz nach 17 Uhr, heute ist Probetraining. Wenn Josi
       ihre Mitschülerinnen anquatscht, wegen Rugby und so, dann sagen die: „Hä,
       was ‘n das für ‘n Sport?“ Ein paar denken, „das ist brutal und das spielen
       nur Mannweiber und Kampflesben“, sagt Josi. Alle lachen. Ein paar
       Mitschülerinnen kommen wenigstens und gucken zu.
       
       Sie waren mal, die Trikots an, in der Hamburger Innenstadt, und haben dort
       um Nachwuchs geworben. „Die Begeisterung hielt sich in Grenzen“, grinst
       Leonie. Josi nickt: „Ist echt schwer, jemanden zu überzeugen.“ Dabei gibt
       es eigentlich nur eine Bedingung, um Rugby zu spielen: „Man sollte nicht so
       viel Angst haben. Wenigstens nicht vor dem Ball“, sagt Leonie.
       
       Beim Rugby ist für jedes Mädchen was dabei: „In der Abwehr muss du
       unheimlich taktisch und strategisch spielen, also mit dem Kopf, du brauchst
       für Rugby Übersicht, auch schnelle, leichte Mädchen sind hier richtig, wenn
       du stark und aggressiv bist, ist das auch gut, wer kicken kann: super“,
       sagt Josi.
       
       Weil sie keine Mannschaftsstärke haben, trainieren die U-16-Mädchen mit den
       U-16-Jungs zusammen. Die Begrüßung ist herzlich. Umarmung, Küsschen. „Bei
       denen kommen immer 30, da können wir dann prima zwei gemischte Mannschaften
       bilden“, sagt Marie. Die Jungs kennen sie seit U-14-Zeiten. „Damals“, sagt
       Marie, „waren wir körperlich noch ungefähr gleich.“
       
       Wenn die Jungs auf die Mädchen drauffliegen, „dann tut das schon ein
       bisschen weh“, findet Josi, „geht aber noch“. Josi sagt, dass sie das
       Training mit den Jungs trotzdem „liebt“, und Leonie findet es „geil, Jungs
       kaputt zu machen“. Alle lachen.
       
       Nicht nur Mitspielerinnen, auch Gegner zu finden ist schwer. In der Gegend
       gibt es nur einige Internate, in denen Mädchen Rugby spielen. Da kommt ab
       und zu ein Freundschaftsspiel zustande. Im Sommer fahren die Pauli-Mädchen
       zu einem Turnier nach Trelleborg, der südlichsten Stadt Schwedens. „Das
       Trelleborg Rugby Festival ist super“, schwärmt Leonie.
       
       Lea, 16, will sich das heute mal angucken. Leas Vater ist Mitglied beim FC
       St. Pauli und hat in der Mitgliederzeitschrift gelesen, dass die Mädchen
       Mädchen suchen. Nun steht Lea auf dem Rasen und soll ein anderes Mädchen,
       Marie, mit den Händen an den Hüften packen und zu Boden reißen. Das fängt
       gut an.
       
       Und dann müssen sich die Neuen tackeln lassen. Immer: „Baff.“ Ganz wichtig:
       die Ballkontrolle. Ist das Tackling noch so hart, niemals den Ball fallen
       lassen. Wenn man Richtung Gras fliegt, nicht den Körper schützen, was vom
       Instinkt her vorgesehen ist, sondern den Ball. Und den dann auch noch auf
       die richtige Seite legen, damit ihn sich die Mitspielerin holen kann.
       
       Die Neuen sind noch ein wenig zimperlich, aber das gibt sich. Ein Mädchen
       kommt direkt vom Zahnarzt, drei Milchzähne gezogen. Sie kann nur passen,
       aber das Training verpassen geht gar nicht. So ist Rugby.
       
       Schließlich gibt es ein Trainingsspiel: Gedränge, passen, tackeln, der
       Trainer mittendrin. Und dann passiert es dem Trainer, dass es „baff“ macht,
       obwohl die Einheit, in der es ums Tackeln ging, schon vorbei ist. Dann
       liegt er wieder flach. Jungs kaputt machen, das macht Spaß, egal in welchem
       Alter sie sind.
       
       4 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Roger Repplinger
       
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