# taz.de -- Stromnetz und Statdwerke: Volksentscheid elektrisiert Politik
       
       > Der Senat kommt dem Energietisch über die Zukunft von Stromnetz und
       > Stadtwerken näher. Aus gutem Grund: Ein Volksbegehren hätte große
       > Aussicht auf Erfolg.
       
 (IMG) Bild: Strom: bringt Licht ins Dunkel.
       
       Wenn es um Strom geht, dann hat Klaus Wowereit (SPD) momentan noch recht:
       Von „Berlin als Verbraucherstadt“ sprach der Regierende Bürgermeister am
       vergangenen Freitag, als er bei Angela Merkels (CDU) Energiegipfel
       forderte, die Kosten der Energiewende weniger den Haushalten und stärker
       der Industrie aufzubürden.
       
       Berlin soll aber in Zukunft nicht nur Strom verbrauchen, sondern auch
       selbst welchen nach der Gründung grüner, kommunaler Stadtwerke erzeugen. So
       verlangt es das aktuelle Volksbegehren der Initiative Berliner Energietisch
       von Wowereits Regierung. Doch deren Initiatoren können sich das weitere
       Unterschriftensammeln womöglich sparen: „Es zeichnet sich ein möglicher
       Kompromiss ab“, sagte Energietisch-Sprecher Stefan Taschner der taz.
       
       Bis Dezember muss das Abgeordnetenhaus über den Gesetzentwurf des
       Volksbegehrens entscheiden: Lehnen die Abgeordneten ihn ab, brauchen die
       Initiatoren 172.000 Unterschriften, um einen Volksentscheid über ihre
       Forderungen im Herbst 2013 zu erzwingen: zum einen die Produktion von
       erneuerbaren Energien durch kommunale Stadtwerke, zum anderen die Übernahme
       des Berliner Stromnetzes von Vattenfall durch eine landeseigene
       Betreibergesellschaft.
       
       „Derzeit laufen intensive Gespräche zwischen den Regierungsfraktionen und
       mit den Initiatoren“, sagte der energiepolitische Sprecher der
       SPD-Fraktion, Daniel Buchholz. Eine Annäherung bei den strittigen Punkten
       sei durchaus möglich. So ist bei der CDU die Skepsis gegenüber
       landeseigenen Stadtwerken offenbar kleiner geworden. „Bisher war die CDU da
       der Bremser, aber wir sind inzwischen ein Stück weitergekommen“, sagt
       Taschner.
       
       ## Zurückhaltende Union
       
       Die Union gibt sich zurückhaltend: „Wir sind seit vielen Monaten in Kontakt
       mit dem Berliner Energietisch, möglichen Ergebnissen dieser Gespräche
       greife ich nicht vor“, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der
       CDU-Fraktion, Heiko Melzer. Allerdings sei das Land Berlin schon lange als
       Energiedienstleister aktiv, etwa mit der Berliner Energieagentur oder durch
       Initiativen der Berliner Stadtreinigung. „Wie wir dieses Engagement auf
       Basis des Bestehenden sinnvoll weiterentwickeln können, prüfen wir
       derzeit“, sagt Melzer.
       
       Dissens besteht noch bezüglich der Organisationsform der städtischen Netz-
       und Erzeugergesellschaften. Das Volksbegehren will diese basisdemokratisch
       gestalten, mit direkt in die Verwaltungsräte gewählten Bürgern und
       regelmäßigen Bürgerversammlungen in jedem Bezirk. „Solche Verfahren
       scheinen mir zu komplex und wenig praktikabel“, sagte SPD-Mann Buchholz.
       
       Auf eines hatten sich SPD und CDU bereits Ende September verständigt: Das
       Land wird sein Unternehmen „Berlin Energie“, das bisher nur auf dem Papier
       existiert, wettbewerbsfähig aufstellen und so in den Wettbewerb um das
       Stromnetz schicken. Um dessen Betrieb ab 2015 haben sich unter anderem noch
       die Genossenschaft BürgerEnergie Berlin, ein chinesischer Staatskonzern und
       der gegenwärtige Konzessionsinhaber Vattenfall beworben. Zurzeit streitet
       sich Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) noch mit Vattenfall darüber,
       welche Netzdaten das Unternehmen seinen Konkurrenten zur Verfügung stellen
       muss, damit sich diese gleichberechtigt bewerben können.
       
       ## Privater Akteur?
       
       Derweil ist die Koalition noch uneins darüber, ob aus dem potenziellen
       Netzbetreiber Berlin Energie tatsächlich ein vollständiges
       Landesunternehmen werden soll. Mindestens 51 Prozent muss Berlin halten, so
       die bisherige Vereinbarung.
       
       Den Rest könnte auch ein privater Akteur übernehmen. „Das wäre die gleiche
       Lösung wie bei den Wasserbetrieben, aber dort wurde die Politik von den
       Privaten gemacht“, warnt Initiativensprecher Taschner. Ein privater Partner
       müsste die klimapolitischen Ziele seiner Initiative nachweislich teilen,
       damit diese einem Kompromiss zustimmt. „Vattenfall sehen wir sicher nicht
       als Partner für die Energiewende.“
       
       In dieser Woche erwartet der Energietisch einen schriftlichen
       Kompromissvorschlag aus dem Regierungslager. „Den werden wir dann neben
       unseren eigenen Gesetzentwurf legen und sehen, ob sich die wesentlichen
       Ziele wiederfinden“, sagt Taschner.
       
       5 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sebastian Puschner
       
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