# taz.de -- Interview mit Berlins DGB-Chefin: "Berlin spürt die Folgen der Krise"
       
       > Der DGB ruft am heutige Mittwoch zu einer Solidaritätskundgebung für die
       > von der Eurokrise gebeutelten EU-Länder auf. Warum?
       
 (IMG) Bild: Unterstützung in Gedanken: Streikende in Griechenland.
       
       taz: Frau Zinke, was sind die konkreten Forderungen des
       DGB-Berlin-Brandenburg?
       
       Doro Zinke: Die EU konzentriert sich einseitig auf die Ökonomie, die
       Europäische Union braucht aber auch ein soziales Gesicht: dazu gehören
       Beschäftigungsprogramme für Jugendliche genauso wie eine intensive
       Bekämpfung des Lohndumping europaweit und die Einführung einer
       Finanztransaktionssteuer. Damit können auch öffentliche Dienstleistungen
       bezahlt werden, die ein Stück Lebensqualität sichern helfen.
       
       In dem Aufruf wird auch vor der Einschränkung von Gewerkschaftsrechten
       gewarnt. Gibt es dafür Beispiele und gibt es die auch in Deutschland?
       
       In Spanien und Griechenland werden die Gewerkschaftsrechte eingeschränkt
       und in Großbritannien der Gang zum Arbeitsgericht für Beschäftigte
       erschwert. Die Einführung des Niedriglohnsektors in Deutschland drückt auf
       die Löhne und damit auf die Tarifpolitik der Gewerkschaften. Das ist eine
       subtile Form von Einschränkung, die sich natürlich auch in Berlin auswirkt.
       
       Hat der sich in den letzten Jahren in Deutschland massiv entwickelnde
       Niedriglohnsektor nicht mit zur Krise in Europa beigetragen?
       
       Der Niedriglohnsektor führt zur Lohndrückerei. Wer jahrzehntelang für wenig
       Geld schuften musste, kann kaum etwas zusätzlich für die Rente ansparen. So
       wird Altersarmut programmiert. Leben am Rande des Existenzminimums verletzt
       die Menschenwürde! Wenn ich die Aufstockung meines Lohnes durch Steuergeld
       benötige, zeigt das das Dilemma auf: wir Steuerzahler subventionieren Jobs
       und Geringverdienern wird das Gefühl vermittelt, ihre Arbeitskraft sei
       nichts oder nur wenig wert.
       
       Wie stark ist bei den DGB-Mitgliedern das Bewusstsein einer Notwendigkeit
       der Solidarität mit Streiks in anderen EU-Ländern? 
       
       Der DGB hat acht Mitglieder: die Einzelgewerkschaften. Deren Mitglieder
       haben in vielen Fragen fast genau so unterschiedliche Bewusstseinslagen wie
       der Rest der Bevölkerung. Die meisten Menschen in Deutschland können sich
       gar nicht vorstellen, was die Politik der Troika in Griechenland bedeutet:
       dass Tarifverträge außer Kraft gesetzt werden, der Arbeitgeber einseitig
       Lohnkürzungen vornehmen darf, kein Geld mehr da ist für Milch für die
       Kinder, Renten halbiert wurden. Und dass alle diese Schweinereien an der
       Verschuldung des Landes nichts ändern, sondern das Land immer stärker an
       den Rand des Abgrunds treibt.
       
       Im Anschluss an die DGB-Kundgebung plant ein linkes Bündnis eine
       Solidaritätsdemonstration. Gibt es Kontakte zu beiden Aktionen? 
       
       Ein Vertreter des Griechenland-Solidaritäts-Komitees wird auf der
       DGB-Kundgebung sprechen und eine Gewerkschaftskollegin auf der
       Abschlusskundgebung der Solidaritäts-Demonstration.
       
       Soll die Kundgebung der Beginn weiterer Solidaritätsaktionen mit den
       KollegInnen in anderen europäischen Ländern sein? 
       
       Das können wir jetzt noch nicht sagen. Es hängt davon ab, was unsere
       internationalen Organisationen von uns erwarten und die deutschen
       Gewerkschaften für realistisch halten.
       
       14 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Peter Nowak
       
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