# taz.de -- Einsatz in Berlin: Polizei prügelt sich durch falsche Tür
       
       > Auf der Suche nach Drogen stürmen Beamte die Wohnung eines syrischen
       > Ehepaars und verletzen den Mann. Die Frau belegt: Es liegt eine
       > Verwechslung vor.
       
 (IMG) Bild: Polizei im Einsatz.
       
       BERLIN taz | Es scheppert, als die Wohnungstür unter dem Druck nachgibt.
       Vier oder fünf Männer stürmen in die Wohnung, die Frau ist noch im Pyjama,
       es ist Mittwochmorgen, kurz vor neun. Sie schreckt hoch, schreit.
       
       Einer der Eindringlinge presst ihr die Hand auf den Mund. Sie soll ruhig
       sein, weist er sie an, während die anderen die Treppe ins Schlafzimmer
       hinaufstürmen, wo sich ihr Mann aufhält. „Was ist los? Ich bin schwanger“,
       ruft die Frau, sie steht unter Schock. „Polizei“, sagt der Mann, der sie
       festhält.
       
       Über den Grund ihres Einsatzes hätten die Polizeibeamten, die sich auf der
       Suche nach einem Drogenversteck in der Wohnung geirrt hatten, kein Wort
       verloren, sagt Florian van Bracht. Der Rechtsanwalt vertritt das syrische
       Ehepaar, das im vergangenen Frühjahr mit seiner einjährigen Tochter nach
       Berlin gekommen war.
       
       In seinem Büro legt er Fotos auf den Tisch, die Frau hatte sie gemacht,
       bevor sie mit ihrem Mann zum Arzt fuhr. Sie zeigen die blutigen Lippen und
       ein Hämatom über dem Gesäß des Mannes. „Er ist zum Fenster gelaufen und
       wollte um Hilfe rufen“, erzählt seine Frau. „Da stürmten drei Polizisten
       ins Schlafzimmer und schlugen zu“, sie deutet auf ein Foto, auf die
       aufgeplatzten Lippen. „Dann wurde er mit Handschellen gefesselt, musste
       sich in eine Ecke knien und wurde fotografiert“, fährt sie fort, ihr Mann
       sagt etwas auf Arabisch. „Er dachte, Assad hat die Mafia hinter uns
       hergeschickt“, übersetzt sie.
       
       ## Aus Syrien geflohen
       
       Anfang Mai war die Familie aus Syrien geflohen, sie hatten Angst vor einem
       Übergriff in den Wirren des Bürgerkriegs. „Und jetzt ist uns das hier
       passiert“, sagt die Frau in fließendem Deutsch, sie hat bis zu ihrem
       sechsten Lebensjahr in Berlin gelebt. Die Familie habe sich eine glückliche
       Zukunft ausgemalt: Anfang Oktober zogen sie in die Wohnung in Moabit,
       gerade habe sich der Mann zu einem Integrationskurs angemeldet, die Frau
       legt den Anmeldeschein auf den Tisch. „Den brauchen wir jetzt nicht mehr.“
       Ihr Mann winkt ab. „Er will wieder zurück nach Syrien.“ Hier fühle er sich
       nach dem Vorfall noch fremder, in Syrien hätten sie Familie und Freunde.
       
       Rechtsanwalt van Bracht sagt, dass der Einsatz spätestens nach einer
       Viertelstunde hätte beendet sein müssen. „Als die Frau die Reisepässe
       vorzeigte, muss den Polizisten klar gewesen sein, dass sie in die falsche
       Wohnung eingebrochen sind.“ Etwa eine halbe Stunde habe es gedauert, bis
       der Einsatzleiter eingetroffen sei, ihren Mann befreit und sich
       entschuldigt habe. „Die Polizisten hatten den Auftrag, Drogen
       sicherzustellen, sie haben sich aber an der Wohnungstür geirrt“, sagt die
       Frau und schüttelt den Kopf. Ein Polizeisprecher bestätigt der taz, es sei
       „bedauerlicherweise zu einer Verwechslung gekommen“. Die Wohnung, die von
       den Polizisten aufgesucht werden sollte, liege auf dem gleichen Stockwerk –
       an der Tür habe aber kein Name gestanden.
       
       „Ich habe gesagt, das kann es doch nicht gewesen sein“, erzählt die Frau.
       Daraufhin habe ihr der Einsatzleiter eine Karte mit seiner Dienstnummer
       überreicht – und weg waren die Beamten. Kein Arzt sei vorbeigekommen, kein
       Polizeipsychologe. „Ich habe Angst, nach Hause zu gehen.“
       
       Am Donnerstag stand die Polizei wieder vor der Tür. Ein Beamter, der am
       Einsatz teilgenommen hatte, überreichte einen Blumenstrauß und eine
       Armbanduhr. Die Einsicht kommt zu spät: Die Familie hat Strafanzeige
       erstattet.
       
       23 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Julia Maria Amberger
 (DIR) Julia Amberger
       
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