# taz.de -- Kommentar Staatsschulden: Die Blasen der anderen
       
       > Deutschland macht in diesem Jahr keine neuen Staatsschulden. Klingt gut,
       > aber wo soll das Geld jetzt hin?
       
       Es klingt wie eine Sensation, die Freude machen muss: Der deutsche Staat
       schreibt in diesem Jahr eine schwarze Null – wird also keine Schulden
       machen. Darauf haben viele Deutsche seit Jahrzehnten sehnsüchtig gewartet.
       Denn Schulden sind für viele Bürger ein böses Wort, in dem ganz schnell
       auch die moralisch konnotierte Schuld mitschwingt.
       
       Tatsächlich ist es jedoch eine sehr ambivalente Nachricht, dass der
       deutsche Staat jetzt ohne neue Schulden auskommt. Das Problem bündelt sich
       in der banalen Frage: Wo soll das Geld jetzt hin?
       
       Die Lebensversicherungen illustrieren das Dilemma: Täglich landen bei ihnen
       die Beiträge ihrer Kunden, die dafür Zinsen und eine ordentliche
       Überschussbeteiligung erwarten. Die Prämien müssen also gewinnträchtig
       angelegt werden. Der Staat war eine sichere Adresse, fällt aber jetzt als
       Kreditnachfrager aus.
       
       Noch schlimmer: Auch sonst braucht niemand Geld. Es gibt zwar einzelne
       Privathaushalte, die einen Kredit aufnehmen, um etwa eine Wohnung oder ein
       Auto zu kaufen. Doch im Saldo sparen die deutschen Privathaushalte. Das
       Gleiche gilt für deutsche Firmen. Auch sie sitzen auf gut gefüllten Konten.
       Und nun steuert selbst der Staat auf eine schwarze Null zu. Wenn aber alle
       Sektoren sparen, dann bleibt dem vielen Geld nur noch eine Adresse: das
       Ausland. Man beginnt, die Schulden der anderen zu finanzieren. Das haben
       die Deutschen auch in der Vergangenheit in ganz großem Umfang getan. Ihr
       Geld hat die Hypothekenkrise in den USA befeuert und die Eurokrise
       ermöglicht. Deutsches Geld hat den europäischen Peripheriestaaten erlaubt,
       deutlich zu viele Kredite aufzunehmen.
       
       Sparen ist also gefährlich, obwohl es vielen Deutschen als Tugend
       erscheint. Es war daher gut, dass der Staat Kredite aufgenommen und
       wenigstens einen Teil der überschüssigen Sparguthaben abgesaugt hat.
       Trotzdem kann dies natürlich keine Dauerlösung sein. Schon jetzt liegt die
       Staatsverschuldung bei über 80 Prozent der Wirtschaftsleistung.
       
       Was wäre also die Alternative? So unpopulär es klingt: Man müsste die
       Steuern erhöhen, vor allem für die Vermögenden und die Spitzenverdiener.
       Dann würde wenigstens ein Teil des herumschwirrenden Geldes daran
       gehindert, im Ausland Blasen aufzupumpen. Und Bedarf gibt es beim Staat
       genug: Zum Beispiel könnte man endlich die vielen maroden Schulen sanieren
       und in die Bildung investieren.
       
       3 Dec 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrike Herrmann
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Euro-Krise
 (DIR) Griechenland
 (DIR) Griechenland
 (DIR) Euro-Krise
 (DIR) Schwerpunkt Finanzkrise
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) EU-Bericht über soziale Lage: Die soziale Frage
       
       In der Eurozone sind 18,8 Millionen Menschen ohne Arbeit, in der gesamten
       EU sind es sogar 26 Millionen. Dramatisch ist die Lage der Jugend.
       
 (DIR) Kommentar Griechenlandhilfen: Auswege aus der Sackgasse
       
       Griechenland kann nur mit einem Schuldenmoratorium überleben und später
       zurückzahlen. Dazu müsste die EZB die Schuldenlast übernehmen.
       
 (DIR) Kommentar griechische Schulden: EZB darf nicht mal den Euro retten
       
       Niemand kann es mehr hören, aber jetzt stellt sich die systematische Frage:
       Wie soll diese Dauerhilfe für Griechenland finanziert werden?
       
 (DIR) Kolumne Vom Überleben in der Krise: Und immer grüßt die Bank
       
       Während in Europa massig Staatsschulden angehäuft werden, sind
       angeschlagene Kreditinstitute fein raus. Sie werden gerettet – alles andere
       wäre zu gefährlich.
       
 (DIR) Kolumne Die Euroserie: Gefangen in der Schuldenfalle
       
       Die offizielle Finanzpolitik wird derzeit durch einen Primitiv-Fiskalismus
       beherrscht. Ein antizyklischer Ansatz wäre nötig.