# taz.de -- Call A Reporter: Schulterblick im Blinkermeer
       
       > Die Kreuzung Alt-Moabit, Ecke Gotzkowskystraße ist für Radfahrer ein
       > gefährliches Pflaster. Ein Besuch vor Ort.
       
 (IMG) Bild: Gefährliche Kreuzungen, krasses Wetter: Radler haben es gerade nicht leicht in Berlin.
       
       Wo sich die Wege von Autofahrern und Radlern kreuzen, droht meistens Ärger.
       So am Verkehrsknotenpunkt Alt-Moabit, Ecke Gotzkowskystraße: Eine
       Hauptverkehrskreuzung, an der sich vierspurige Straßen mit Fahrradwegen
       schneiden. Auf einem dieser Radwege kommt Bernhard K. angeradelt – in
       Profi-Regenmontur gegen das Dezemberwetter. Der 39-Jährige ist Mitglied im
       Fahrradverband ADFC und hat sich an die taz gewandt, weil er sich hier als
       Radfahrer besonders unsicher fühlt. K. blickt auf das Blinkermeer der um
       die Kurve strömenden Autos.
       
       „Autofahrer, die von der Straße Alt-Moabit in die Gotzkowskystraße fahren,
       übersehen gerne mal Radfahrer“, sagt K. Die Fahrer biegen zweispurig über
       den Fahrradweg nach rechts ab. Die Ortsbegehung zeigt: Wer bei dichtem
       Verkehr in zweiter Reihe um die Kurve fährt, sieht die Radfahrer erst sehr
       spät – und in manchen Fällen überhaupt nicht.
       
       Vor einem halben Jahr wurde hier eine Radfahrerin von einem
       rechtsabbiegenden Lkw erfasst und 30 Meter mitgeschleift. Erst als
       entgegenkommende Autofahrer per Lichthupe signalisierten, dass etwas nicht
       stimmt, hielt der Lastkraftwagenfahrer an. Außer einem Schock und einer
       Schürfwunde hatte die Frau nichts abbekommen. Sie hatte jenes Glück, das
       den bereits 14 in diesem Jahr in Berlin umgekommenen Radfahrern gefehlt
       hat.
       
       Laut Statistik ist die Kreuzung Alt-Moabit/Gotzkowskystraße ein eher
       harmloser Fall. Die Verkehrspolizei zählte hier in den letzten fünf Jahren
       26 Unfälle mit Radfahrern, davon zwei schwere. Der Ort rangiert laut
       Verkehrslenkung auf Platz 560 der 2.000 Unfallschwerpunkte Berlins. Die
       Verkehrsexperten versuchen bislang, die gefährlichsten Unfallorte von Rang
       eins bis 250 zu entschärfen – und das seit drei Jahren.
       
       Auf Drängen des ADFC Berlin sind sie nach der Lkw-Kollision im Frühjahr
       auch an der Alt-Moabiter Kreuzung tätig geworden. Mittlerweile dürfen die
       Autofahrer nicht mehr in zweiter Reihe abbiegen, die Straßenmarkierung
       wurde entsprechend verändert. „Doch das Fahrverhalten der meisten
       Autofahrer ist gleichgeblieben“, sagt Radler K.
       
       Er steht mit seinem türkisen Trekkingrad im strömenden Regen. Im
       Minutentakt zeigt er auf die Autos, die trotz des Verbots aus der zweiten
       Reihe in die Gotzkowskystraße rauschen. „Die Fahrer wissen, dass sie dort
       wieder drei Spuren zur Verfügung haben“, sagt K. Dann schwingt er sich auf
       sein Rad, wirft ein paar Schulterblicke und fährt davon.
       
       7 Dec 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jörg Kösters
       
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