# taz.de -- Die Wahrheit: In der Winterfalle mit Pofalla
       
       > Ein Piepsen weckt mich. Eine SMS. Das kann nichts Gutes bedeuten. ...
       
       Ein Piepsen weckt mich. Eine SMS. Das kann nichts Gutes bedeuten. Ich will
       heute Morgen nach Düsseldorf fliegen. Verschlafen nehme ich das
       Mobiltelefon in die Hand – und tatsächlich: Mein Flug ist „annulliert“.
       
       In meiner persönlichen Rangliste der schrecklichsten Flughäfen der Welt war
       Tegel bislang nicht vertreten. Ganz vorne rangiert da eher der Newark
       Liberty International bei New York, auf dem ich einmal stundenlang
       festhing, weil ein Blizzard über Nordamerika tobte. In dem Chaos konnte man
       gut beobachten, warum die USA heutzutage als größtes Dritte-Welt-Land
       gelten.
       
       Oder der Flughafen von Doha. Ein eisgekühltes Monster aus Glas und Stahl in
       der Wüste. Draußen fünfzig Grad, drinnen fünfzehn – und fünf Stunden
       vollendete Langeweile. Nichts außer ein paar öden Geschäften und jede Menge
       wie Schafe geschorene Mekkapilger.
       
       Und da in Katar soll 2022 die Fußball-WM stattfinden? Da wünscht man sich
       doch, dass die „Tartian Army“ in Doha einfällt – oder besser noch als die
       schottischen Fans: die durstigen Iren. Wenn die „Boys in Green“ feststellen
       müssen, dass der staubige Airport durch und durch trocken ist, wird der
       Eispalast von der Armee des Bierdursts geschleift …
       
       Eine angenehme letzte Verpflichtung vor Weihnachten sollte es werden: an
       einem Tag hin, Gans essen, an nächsten Tag zurück. Doch wegen des
       blitzartigen Wintereinbruchs am Niederrhein sitze ich in dem herrlich
       hässlichen Siebzigerjahre-Flughafen Tegel fest und warte mit vielen anderen
       Umbuchern auf die nächste Maschine. Und da kommt auch schon der Aufruf:
       „Unser Flugzeug steht jetzt bereit. Aber leider haben wir eine schlechte
       Nachricht: Die Piloten sind noch nicht da.“ Gelächter im weiten Rund.
       
       Wenig später kommt die nächste Ansage: „Jetzt sind die Piloten da. Aber
       leider haben wir wieder eine schlechte Nachricht: Das Kabinenpersonal ist
       noch in Stuttgart. Es trifft erst in anderthalb Stunden ein.“ Geächze im
       Wartesaal.
       
       Man vertreibt sich die Zeit mit dem Beobachten der Herumlungernden. Jetzt
       hat die Sitznachbarin den zwei Reihen weiter ausharrenden
       Kanzleramtsminister Pofalla entdeckt: „Guck mal, der Westerwelle!“, meint
       sie zu ihrem Begleiter. Wie gemein! Da kommt Ronald Pofalla am Freitag
       nicht ins verdiente Wochenende, und dann wird er auch noch mit Guido
       Westerwelle verwechselt.
       
       „Guck mal, der Steinmeier! Der kommt überall mit, der hat Tickets für alle
       Fluglinien“, gibt sich die Nachbarin gewöhnlich gut unterrichtet.
       Tatsächlich steht Frank-Walter Steinmeier ratlos herum. Auch die graue
       Sozi-Eminenz wird nicht über das vereiste Land hinwegdüsen können, wenn
       Väterchen Frost es nicht will. Und dessen klirrende Faust sorgt nun für
       klare Verhältnisse: „Leider haben wir jetzt eine ganz schlechte Nachricht:
       Der Flug ist annulliert.“
       
       Alle springen und stöhnen auf. Umbuchen ist nicht mehr möglich. Sämtliche
       Flüge sind gestrichen wie das Geflügel am Abend. Ein Tag auf Tegel in der
       Winterfalle. Mit Pofalla und Steinmeier. Wahrlich kein Ersatz für eine
       knusprige Gans.
       
       11 Dec 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Ringel
       
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