# taz.de -- Werft in der Krise: Sietas wieder auf der Kippe
       
       > Die Neuenfelder Werft stolpert über holprige Energiewende. Da sich der
       > Bau eines Windparks verzögert, kommt ein überlebenswichtiger Folgeauftrag
       > nicht.
       
 (IMG) Bild: Bekommt wegen der stockenden Energiewende keinen Folgeauftrag: die Sietas-Werft.
       
       Die Rettung der Neuenfelder Sietas-Werft lässt weiter auf sich warten. Zwar
       steht mit der niederländischen Veka-Gruppe ein Investor bereit, der den
       Schiffbauer übernehmen würde, doch weil sich der Bau eines
       Offshore-Windparks in der Deutschen Bucht verzögert, wird ein dafür
       benötigtes Spezialschiff erst mal nicht gebraucht. Für Sietas ergibt sich
       daraus eine Auftragslücke, die die Rettung der insolventen Firma gefährdet.
       
       Die Sietas-Gruppe, die im Herbst 2011 noch 1.000 Mitarbeiter hatte, bestand
       aus drei Firmen unter einem Dach. Zwei Töchter mit ungefähr 250
       Arbeitsplätzen sind bereits im Sommer verkauft worden. Die
       Sietas-Schiffbauwerft beschäftigt zurzeit noch 420 Mitarbeiter. Um sie zu
       retten, setzte das Management auf das anlaufende Geschäft mit den Windparks
       auf See. Doch deren Ausbau stockt. „Die Werft ist ein praktisches Beispiel
       dafür, wie komplex die Energiewende ist“, sagte der Insolvenzverwalter
       Berthold Brinkmann nach einer Betriebsversammlung am Mittwoch.
       
       Bei Sietas liegt das erste Errichterschiff für Offshore-Windkraftlagen auf
       Kiel, das in Deutschland je gebaut wurde. Das Schiff kann sich mit 81 Meter
       langen Beinen auf den Grund der Nordsee stellen und sein Deck so weit
       heben, dass es auch bei schlechtem Wetter vom Wellenschlag nicht erfasst
       wird. Ein großer Kran an Deck ermöglicht es, von hier aus die Windräder ins
       Meer zu setzen.
       
       Das Schiff auf Kiel soll im Mai oder Juni fertig gebaut sein. Die
       niederländische Wasserbaufirma Van Oord, die es in Auftrag gegeben hat,
       wollte eigentlich ein zweites bestellen, mit dem die Arbeit gleich hätte
       weitergehen können. Doch im November wurde klar, dass es für so ein Schiff
       wohl zunächst mal keine Arbeit geben würde: Der Energiekonzern EnBW teilte
       mit, dass er die Entscheidung für den Bau seines Windparks Hohe See
       aufschieben werde. „Wir brauchen gesetzgeberische Klarheit und verlässliche
       Rahmenbedingungen“, teilte der Konzern mit.
       
       Noch nicht endgültig beschlossen ist, wer haften muss, falls sich der
       Anschluss eines fertigen Windparks auf See verzögert. Dazu kommt, dass
       Offshore-Windparks nur dann eine besonders hohe Vergütung für ihren Strom
       bekommen können, wenn sie bis Ende 2017 ans Netz gehen. Und schließlich
       sieht sich der zuständige Netzbetreiber Tennet nicht in der Lage, ohne
       einen Kapitalgeber ab Mitte des Jahrzehnts weitere Windparks anzuschließen.
       
       Jan Rispens, der die Erneuerbare-Energien-Branche in Hamburg vernetzt,
       verlangt deshalb, dass die bundeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau
       (KfW) helfen solle, den Netzanschluss zu finanzieren. Und
       Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) kündigte an, Hamburg werde am
       Freitag im Bundesrat versuchen, das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) zu
       ändern, sodass projektierte Windparks trotz Verzögerung von der erhöhten
       Förderung profitieren könnten.
       
       Für Sietas wird die Zeit knapp. Ende Februar 2013 müsse er über die Zukunft
       der Werft entscheiden, sagte Brinkmann. „Dann müsste ein zusätzlicher
       Schiffbauauftrag vorliegen.“
       
       12 Dec 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gernot Knödler
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kommentar Fall Sietas: Schiffe versenken
       
       Die Sietas-Werft droht zum Opfer der dilettantisch umgesetzten Energiewende
       und einer fehlerhaften maritimen Politik zu werden. Und Schuld daran hat
       vor allem einer.
       
 (DIR) Werft-Pleiten in Deutschland: Das große Auslaufmodell
       
       Abschied von der Tradition: Seit über zehn Jahren häufen sich
       Insolvenzfälle unter den großen deutschen Schiffsbauern. Eine Chronik der
       Havarien.
       
 (DIR) Deutschlands älteste Werft: Sietas-Arbeitsplätze bleiben
       
       Die Werft in Neuenfelde soll an verschiedene Investoren überwiegend aus der
       Branche verkauft werden, darunter die Lürssen-Werft und die holländische
       Veka-Gruppe.