# taz.de -- Die Wahrheit: Eisiger Einbruch
       
       > Schwabinger Krawall: Gegen Schlittschuhlaufen, sagt der Jackie, habe er
       > nichts, könne sich aber die mordsteure Ausrüstung nicht leisten ...
       
       Gegen Schlittschuhlaufen, sagt der Jackie, habe er nichts, könne sich aber
       die mordsteure Ausrüstung nicht leisten, zudem gingen ihm die Sportdeppen,
       denen man dabei zwangsläufig begegne, auf die Nerven, drittens nützten auch
       die tollsten Hasen auf dem Eis nichts, wenn die Jacqueline dabei sei,
       viertens wolle er noch ein Bier und nichts mehr hören von dem Schmarrn.
       
       Der Hubsi lacht, er solle halt zugeben, dass er eine feige Sau und ein
       verfrorener Faulpelz sei. Er, sagt der Jackie, könne notfalls barfuß im
       T-Shirt mit bloßen Händen einen Elch erlegen und sei auf dem Eis so gut wie
       zu Hause, was er jederzeit beweisen werde, wenn es nötig sei. Der
       Ferrari-Schorsch, der bis jetzt nur in sein Bier gestarrt hat, legt einen
       Fünfziger auf den Tisch und sagt, wenn der Jackie den Kleinhesseloher See
       überquere, ohne im Krankenhaus zu landen, gehöre der Schein ihm. Das sei
       ein Kinderspiel, sagt der Jackie und setzt 5.000 Euro und zehn
       Red-Bull-Wodka-Maß dagegen.
       
       Also trinken der Jackie und der Hubsi aus und brechen in den Englischen
       Garten auf. In der Dunkelheit ist das Seeufer kaum zu erkennen, was der
       Jackie erst merkt, als er bereits auf dem Eis und das erste Mal hingeflogen
       ist. Beim Versuch aufzustehen, platzt sein Anorak hinten auf, dann teilt er
       unter lautem Gewimmer mit, er habe sich das Steißbein gebrochen.
       
       Als der Hubsi ein Foto machen will, fällt ihm ein, dass sein Handy nicht
       mehr geht, seit es die Violetta auf der Weihnachtsfeier bei ihren Eltern in
       den Punsch geschmissen hat, weil er die SMS von der Feldmochinger
       Sambatänzerin beantworten wollte. Also setzt er sich auf eine Bank und
       ruft, der Jackie solle schauen, dass er zum Seehaus hinüber komme, weil er
       keinen Bock habe, bis Anfang Februar hier zu sitzen.
       
       Wie der Jackie das nächste Mal hinfällt, hört er ein Geräusch, das er erst
       zuordnen kann, als er mit einem dumpfen Krachen durchs Eis bricht und bis
       zur Hüfte im See liegt. Weil er vor Schreck keinen Ton herausbringt, muss
       er sich selber retten, verliert dabei einen Schuh, zieht sich Platzwunden
       an Augenbraue und Hinterkopf zu, schleppt sich schlotternd ans Ufer, reißt
       dem Hubsi das Bier aus der Hand, trinkt es auf ex, meint kurz, dass er
       drüben beim Seehaus einen Elch sieht, und dann weiß er nichts mehr.
       
       Wie sie in der Morgendämmerung erwachen, weil eine Hundebesitzerin im
       Pelzmantel in ihr Handy kreischt, da lägen zwei tote Penner in diesem
       komischen Park herum, die den Freizeitwert der Stadt minderten, ist der
       Jackie an der Bank festgefroren und muss sich mit dem Taschenmesser aus der
       Hose schneiden. Dann kriechen sie auf allen Vieren zur Feilitzschstraße, wo
       sie endlich einen Krankenwagen finden.
       
       Es dauert zwei Wochen, bis dem Jackie die Fäden gezogen sind und beide ihre
       Lungenentzündung auskuriert haben, was immerhin den Vorteil hat, dass sie
       wegen Rückfallgefahr für den Rest des Winters nicht länger als zehn Minuten
       in die Kälte dürfen und der Ferrari-Schorsch, dem sie was von einer Bande
       Neonazis mit Pitbulls ohne Leine aufbinden wollten, von der Sache bis dahin
       sowieso nichts mehr weiß.
       
       14 Dec 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Sailer
       
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