# taz.de -- Kolumne Trends und Demut: Übelkeit im Hause Windsor
       
       > Es gibt kein Entkommen vor den arroganten Royals. Kate ist die
       > skandalfreieste, selbstkontrollierteste und unfassbar angepassteste
       > Prinzessin, die es je gab.
       
 (IMG) Bild: Die Prinzessin zelebriert ihren fleckenlosen Perfektionismus vor sämtlichen Kameras.
       
       Vor rund fünf Jahren stand die heutige Duchess of Cambridge bei einem
       Freund von mir im Buchladen. Hätte ihm seine Kollegin nicht dezent unterm
       Tisch auf die Füße getreten, er hätte die stille Kundin nicht einmal
       erkannt. Draußen lauerten weder Reporter im Gebüsch, noch wartete ein
       königlicher Chauffeur vor der Tür. Es kamen auch keine Fans und fragten
       nach Autogrammen. Was für unbekümmerte, paradiesische Zeiten müssen das
       gewesen sein!
       
       Heute wird die gleiche Frau wegen schwangerschaftsbedingter Übelkeit in ein
       Krankenhaus geschickt und wenig später nimmt sich eine Krankenschwester das
       Leben. Vor lauter Scham, weil sie einem Streich zweier Radiomoderatoren auf
       den Leim gegangen war und deren Anruf bis ins Kranken-Vorzimmer der
       Prinzessin durchgestellt hatte.
       
       Prince Charles, Fergie oder Harry müssen sich seit Jahren mit
       Peinlichkeiten überbieten, um es aufs Cover der Boulevardpresse zu
       schaffen. Kate zieht nur ein lindgrünes Kleid an oder entspannt mit dem
       Ehemann in der Sonne, und schon rauscht der Blätterwald.
       
       Dabei ist sie ohne Zweifel die skandalfreieste, selbstkontrollierteste und
       unfassbar angepassteste Prinzessin, die das Königreich je vergöttern
       durfte. Und genau das ist unheimlich: Denn indem sie und ihr Prinz absolute
       Reinheit und Perfektion bis ins Groteske verkörpern, setzen sie jeden, der
       sich in ihrer Nähe befindet, gewollt oder ungewollt unter Druck. Nämlich
       den Druck, ähnlich stromlinienförmig innerhalb dieser Sauberkeitsmuster zu
       funktionieren.
       
       ## Kate ist perfekt, sie leuchtet
       
       Wer da einen Fehler macht, versinkt in Scham und Selbstzweifel. Mal
       ehrlich: Hätte Prinz Harry mit gebrochenem Bein im selben Krankenhaus
       gelegen, wäre dieser Radioscherz ins Kuriositätenkabinett im Hause Windsor
       gekommen, zu seinen kürzlich entstandenen Nacktaufnahmen und der
       Nazi-Karnevalsuniform.
       
       Im Falle der perfekten, leuchtenden Kate dagegen wirkt jeder noch so
       kleinste, indirekte Fauxpas gegen sie wie die Verbrennung einer Heiligen.
       „Die Arroganz der britischen Royals ist absolut niederschmetternd!“,
       zeterte Albions großer Popzauderer Morrissey vor ein paar Tagen.
       
       An seinem Argument ist etwas dran. Schwer vorstellbar, dass das
       kontrollsüchtige Königshaus keinen Druck auf die eingeschüchterte,
       schamvolle Krankenschwester ausgeübt haben soll. „Doch das wird natürlich
       brav von der Presse ignoriert … In einer Woche wird sie vergessen sein. So
       funktionieren die britischen Royals.“
       
       Und so funktioniert auch die relativ schizophrene Beziehung zwischen
       Königshaus und Medien, ein ewig fortlaufender Reigen aus Aktion und
       Reaktion, aus Sich-gegenseitig-Abstoßen und -Anziehen. Kates und Williams
       Krankenhausbesuch war ein süßlich verklemmtes Medienspektakel, die Presse
       macht daraus einen Scherz mit katastrophalem Ausgang, um nun wieder mit der
       armen Prinzessin zu trauern, die nun noch einen Selbstmord verkraften muss.
       
       ## Das strahlende Gesicht
       
       Im Netz spucken erzürnte Leser Feuer, Morrissey sei ein zynisches Ekel,
       ohne Manieren und keinerlei Ahnung, wie unangenehm morgendliche Übelkeit
       für werdende Mütter doch sei!
       
       „Warum“, so der kollektive Aufschrei, „lässt man die beiden nicht einfach
       in Ruhe!“ Ja, warum denn eigentlich nicht? Nichts lieber als das! Aber wie?
       Solange sie ihren fleckenlosen Perfektionismus vor sämtlichen Kameras
       zelebrieren, kann man ihren strahlenden Gesichtern und ihrer Idee der
       modernen, neuen Monarchie, die sich gleichzeitig in uralten royalen
       Spektakeln aalt, nur schwer entkommen.
       
       17 Dec 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Julia Grosse
 (DIR) Julia Grosse
       
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