# taz.de -- Kampagne gegen Rauswurf: Statt Abitur Chaos in Nigeria
       
       > Der 18-jährige Nigerianer Ayodele Medaiyese ist gut integriert in
       > Hamburg. Jetzt droht ihm die Abschiebung.
       
 (IMG) Bild: Wollen Ayodele hierbehalten: Mitschüler von der Nelson-Mandela-Gesamtschule.
       
       Ayodele Medaiyese ist sehr ehrgeizig. Seit er vor zwei Jahren nach
       Deutschland gekommen ist, hat er seinen Realschulabschluss gemacht und
       besucht nun die Oberstufe der Nelson-Mandela-Gesamtschule in Kirchdorf.
       Nebenbei spielt der 18-Jährige beinahe täglich Fußball, seit einem Jahr
       beim HSV. Abends, wenn seine Freunde längst frei haben, sitzt Ayodele am
       Schreibtisch und büffelt. Manchmal bis zwei Uhr in der Nacht. „Ich habe eh’
       schon so viel zu tun“, sagt er. „Und jetzt auch noch das!“
       
       „Das“ ist die Abschiebung, die Ayodele im Januar droht. Da er volljährig
       ist, gebe es keine rechtlichen Möglichkeiten für eine
       Aufenthaltsgenehmigung, so die Begründung der Ausländerbehörde. Dass der
       Junge noch zur Schule geht und dass seine komplette Familie in Hamburg
       lebt, spiele keine Rolle. „Da sind uns rechtlich die Hände gebunden“, sagt
       ein Sprecher.
       
       Ayodeles Vater, Michael Medaiyese, kann diese Argumentation nicht
       begreifen. Denn: Er selbst besitzt seit vier Jahren die deutsche
       Staatsbürgerschaft. Nach Deutschland ist er ausgewandert, da war der Sohn
       vier Jahre alt, die Mutter folgte weniger Jahre später. Ayodele und sein
       jüngerer Bruder wuchsen bei Pflegeeltern auf.
       
       Vor zwei Jahren dann, ohne Voranmeldung und ohne Pässe, wurden die beiden
       Jungen in den Flieger nach Deutschland gesetzt. Hier haben sich für Ayodele
       Chancen aufgetan, von denen er nie zu träumen gewagt hätte: Er könnte
       Ingenieurwesen studieren – oder Fußballprofi werden. Als Ayodele von seinen
       Plänen spricht, schaut er bedrückt zu Boden. „In Nigeria erwartet mich doch
       niemand. Da ist nichts, nur Chaos.“
       
       Um ihm zu helfen, haben Mitschüler und Freunde eine Kampagne gestartet. Es
       gibt eine Online-Petition und eine Seite bei Facebook, die bereits knapp
       11.000 Menschen gefällt. So hat auch HSV-Profi Dennis Aogo von dem Fall
       erfahren. „Er ist ein guter Junge, macht bald Abitur, ist total
       integriert“, schreibt Aogo auf seiner Profilseite.
       
       Auch Thomas Krieger, Ayodeles Klassenlehrer, will seinen Schüler
       unterstützen. „Da bemühen wir uns zwei Jahren um ihn und freuen uns, dass
       er sich so wunderbar einfügt. Und dann schieben die ihn ab!“ Es sei
       unverständlich, warum die Stadt Hamburg eine so widersprüchliche
       Integrationspolitik praktiziere. „Wenn die Stelle, die mich bezahlt, diesen
       Schüler abschiebt“, sagt er. „Dann hab’ ich, dann haben wir doch versagt.“
       
       Immerhin: Die Online-Petition wird den Abschiebe-Prozess zumindest
       verzögern, denn nun muss sich die Bürgerschaft mit dem Fall befassen.
       Eventuell, heißt es auf Seiten der Ausländerbehörde, ergeben sich so neue
       Argumente für eine Aufenthaltsgenehmigung. Und bis dahin macht Ayodele das,
       was er am besten kann: „Lernen, kicken, weitermachen.“
       
       18 Dec 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Steffi Hentschke
       
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